Saubere Solaranlage

Das neue Erneuerbare-Energien-Gesetz, EEG 2012, brachte nicht nur Regelungen zur Direktvermarktung und Eigennutzung von selbst erzeugtem Strom mit sich. Auch Sätze zur Einspeisevergütung und möglichen Einspeisestopps bei Netzüberlastung finden sich darin. Unter bestimmten Umständen fällt der Solarertrag damit zusätzlich zu den bisher bekannten Ertragsminderungen durch Verschattungen, verschmutzte oder mit Schnee bedeckte Solarmodule geringer aus. Es stellt sich also die Frage, wie stark sich schneefreie oder saubere Module auf die Solarernte auswirken.

Brauchbare wissenschaftliche Langzeitnachweise oder Studien gibt es derzeit nur wenige. So geht die Photovoltaikbranche bei verschmutzten oder schneebedeckten Modulen von einem solaren Minderertrag zwischen einem bis drei Prozent aus und sieht keinen Handlungsbedarf für eine zusätzliche Reinigung der Solarmodule. Regen und Schnee sind demnach ausreichend. Reinigungsfirmen versprechen jedoch Mehrerträge von 20 Prozent und mehr, die allerdings nur unter bestimmten Gegebenheiten realisierbar sind. Aktuelle Ergebnisse zeigen, dass je nach örtlichen Umständen, Verschmutzungsgraden und Witterungslage eine Reinigung sinnvoll sein kann und die Rendite der Solaranlage aufbessert. Bei starkem Schneefall können zudem auch gefährliche Dachlasten entstehen.

Schleichende Verluste
Besondere Beachtung in der Photovoltaikbranche erhielt der Gewinner des Schweizer Solarpreises 2011 Prof. Heinrich Häberlin von der Berner Fachhochschule Technik und Informatik, BFH. Häberlin hat sich die wissenschaftliche Langzeitanalyse zur Lebensaufgabe gemacht. 1988 gründete er an der BFH das PV-Labor und führte unter anderem an über 70 Photovoltaikanlagen Langzeitmessungen durch. Dabei wurden auch Wechselwirkungen auf Photovoltaikerträge im Spiel zwischen technischen Voraussetzungen sowie witterungs- und verschmutzungsbedingten Einflüssen untersucht. Über den Erfassungszeitraum traten bei gerahmten Modulen permanente Verschmutzungsstreifen am unteren Rand auf, die den Energieertrag der Anlage allmählich senkten. Die Ertragsminderung infolge Verschmutzung lag jeweils zwischen etwa neun Prozent und 11,5 Prozent. Nach der Reinigung – verwendet wurde dafür ein starkes Transsolv Reinigungsmittel – zeigte sich, dass etwa drei Prozent der Leistungsverluste unumkehrbar waren. Aus leichten Verschmutzungen, die relativ schnell nach der Reinigung wieder auftraten, konnte man auf eine erhöhte Rauigkeit der Glasoberfläche schließen. Die raue Oberfläche bot dem Schmutz nach der Reinigung somit besseren Halt.

Ungetrübte Sonnenernte
Die solare Ernte hängt vom Zusammenspiel aller Komponenten einer Photovoltaikanlage ab. Der Photovoltaikgenerator, bestehend aus mit Solarzellen bestückten Photovoltaikmodulen bildet hier die Schnittstelle. In ihm laufen Sonnenenergie und eine Vielzahl an Komponenten vom Kabel über den Wechselrichter bis hin zur Einspeisung zusammen. „Zur Ertragsanzeige der Photovoltaikanlage verwenden Solarteure softwarebasierte Moni- toringprogramme, die in die Anlage integriert werden müssen“, beschreibt Georg Oberth von der österreichischen GOdata GmbH Möglichkeiten des Ertragsmonitorings. „Die Gründe für Mindererträge einer Photovoltaikanlage sind jedoch so vielfältig wie die Gewerke, die daran beteiligt sind“, erklärt Oberth. Sind die Module verschattet, verschmutzt oder verschneit, Wechselrichter und Module unzureichend abgestimmt oder Solarzellen ausgefallen, wird das System den berechneten Solarertrag nicht erreichen. Nicht temperaturbedingte Verluste können den Ertrag noch weiter minimieren. Solche Verluste entstehen durch Verdrahtung, Fehlanpassungen im Photovoltaikgenerator, Mismatch genannt, oder durch Fehler am sogenannten Maximum- Power-Tracker. Rückschlüsse zu Mindererträgen lassen sich daher nur schwer eindeutig zuordnen. „Bisher am Markt verfügbare Monitoringsysteme bilden zwar den Ertrag ab, zeigen Systemschwachstellen jedoch nur teilweise auf. In den letzten Jahren haben wir daher ein System für Anlagenbetreiber entwickelt, das die solare Einstrahlung im Verhältnis zum Ertrag ermittelt“, führt Oberth aus.

Die richtige Reinigung
In einer Projektarbeit an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen griff Jochen Allgayer das Thema vor Kurzem auf. Er verglich dabei verschiedene Reinigungsprozesse mit deminerali- siertem Wasser, das auch als deionisiertes Wasser bezeichnet wird. Da bei Brauchwasser Kalkrückstände auftreten können und bei der Verwendung von chemischen Reinigungsmitteln eventuell Rückstandsfilme verbleiben, wird in der Praxis deionisiertes Wasser verwendet. Es erzielt eine stärkere Bindung mit Mineralien, doch gerade dieses  Bindungsverhalten wird auch kritisch gesehen. Man vermutet, dass nicht nur  Verunreinigungen entfernt, sondern auch die Photovoltaikmodule angegriffen werden. Jochen Allgayer untersuchte die Reinigung mit deionisiertem Wasser über einen längeren Zeitraum unter praktischen Bedingungen. Mit verschiedenen Messmethoden dokumentierte er, ob und in welchem Umfang dabei Veränderungen an den Oberflächen auftreten oder Module und Rahmen angegriffen werden. Die Ergebnisse der Untersuchung ermöglichten auch Rückschlüsse auf Wege zur Ertragsteigerung der Module.

„Zu den typischen Verunreinigungen zählen Biokorrosion aus Misthaufen oder auch Ablagerungen aus Moos, Algen, Ruß und Autoabgasen“, sagt Prof. Dr. Gerhard Winter von der Hochschule Albstadt-Sigmaringen. Er rät, für den ersten Großputz an den Solarmodulen nach Jahren alkalische Reiniger oder Enzym- reiniger zu verwenden, wobei letztere frei von Tensiden sind. Die Wahl hängt von Standort und Verschmutzungspozential ab. Ein Nachspülen mit deionisiertem Wasser kann dann Restverschmutzungen und vorhandene Tenside abtragen. Im untersuchten Fall simulierten die Wissenschaftler fünfundvierzig Reinigungsprozesse. Bei angenommenen zwei Reinigungen im Jahr entspricht das etwa dem Lebenszyklus der Module. Die Auswertung der Ergebnisse zeigte keine negativen Auswirkungen des verwendeten Wassers auf die schützende Eloxalschicht der Rahmen und Glasoberflächen. „Bei fehlerhafter Montage oder beschädigten Oberflächen können Korrosionsereignisse die Module jedoch schädigen“, führt Winter aus. Die Korrosion werde in solchen Fällen aber nicht von deionisiertem Wasser verursacht.

Pflege für gute Erträge
Weitere Rückschlüsse brachte ein Ertrags-Monitoring, das Jochen Allgayer nach der Reinigung von Versuchsflächen durchführte. Im Zeitraum vom Jahre 2006 bis zum Versuchsende erstellte er an einer 50 kW- Anlage seiner Eltern und an einer landwirtschaftlichen Solardachanlage mit ca. 35 Grad Neigung Leistungsprotokolle. Von den 700 Quadrat- metern Photovoltaikfläche wurde die eine Hälfte gereinigt und erreichte danach 6.377 W/h, was einer Leistungs- steigerung von 32 Prozent entspricht. Dagegen lag die Leistung der ungereinigten Fläche bei nur 4.829 W/h. Mit neuen Funktionen der Mensch-Maschinen-Kommunikation haben sich Praktiker aus der Schweiz beschäftigt und einen besonderen Serviceroboter, den GEKKO, entwickelt. Der Name ist Programm: Wie ein Gekko bewegt sich das System, der Serbot AG an senkrechten Fassaden und übernimmt die Reinigung der Glasflächen. Die neueste Generation ist ein Multitalent und sorgt für das Sonnentuning an Solardächern und an Photovoltaikgroßanlagen.

Da auch selektive Verschmutzungen den Solarertrag schmälern können, wird die gesamte Photovoltaikfläche von Fett, Moosablagerungen und Staub gereinigt. „Eine Feuerprobe unter härtesten Bedingungen bei der Reinigung versandeter PV-Module durchlief der GEKKO in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Seit einigen Monaten gibt es auch Dienstleister in Deutschland, die sich mit dem Thema identifizieren und solare Erträge optimieren“, erklärt Toni Niederberger, der stolze Geschäftsführer von Serbot. „Der GEKKO Junior G3 wurde ursprünglich für die Fassadenreinigung entwickelt, die Nachfrage, den Roboter auch für andere Anwendungsgebiete weiterzuentwickeln, ließ aber nicht lange auf sich warten“, berichtet Niederberger. Zu diesen zusätzlichen Anwendungen zählen Projekte zur Inspektion und Reinigung von Photovoltaikanlagen. „Eine verstärkte Nachfrage von Architekten und Anlagenbetreibern erleben wir derzeit auch durch die letzten Winter. Hier vermuten wir, dass die Schneelast oft statische Grenzen für die Dachkonstruktion erreicht“, erklärt Toni Niederberger und verrät Pläne, den Roboter auch fit für das Schneeräumen auf Dächern zu machen.

Vereisung und Ausfälle
Bleibt der Schnee auf den Modulen liegen, resultieren daraus Mindererträge der Photovoltaik-anlage und die Dachlasten erhöhen sich. Da es vielfach nicht möglich ist, den Schnee vom Dach zu räumen, vereisen die Anlagen und der Produktionsausfall zieht sich über mehrere Wochen hin. Dachlasten erreichen oftmals bereits mit der zusätzlichen Dachinstallation von Solarmodulen statische Grenzwerte. Anhaltender Schneefall belastet die Konstruktion besonders bei Flachdächern und flach geneigten Dachkonstruktionen zusätzlich. Das Ergebnis: Feuerwehr und THW müssen die Schneelast entfernen, wodurch nochmals Kosten entstehen können und die Rendite weiter schmilzt. Abhilfe schafft eine neu entwickelte solarbasierte Schneetauanlage, die vor Kurzem auch die Jury im Innovationswettbewerb „Deutschland – Land der Ideen“ überzeugte: Als „Ausgewählter Ort 2011“ wurde das Hain-System ausgezeichnet. Es erwärmt Solarmodule über die Rückeinspeisung von Strom und hält die Module somit schneefrei. Das System wurde für die Sicherung von Dächern gegen Schneelasten entwickelt: Dank der Abtauautomatik sind gefährliche Räumarbeiten, wie sie bisher Feuerwehr oder Technisches Hilfswerk durchführen mussten, nicht mehr nötig.

Strom- vs. Systemkosten
Ein wirtschaftlich interessanter Aspekt der Schneetauanlage ist die höhere Stromproduktion nach dem Abtauen der Photovoltaikmodule. Die Wirtschaftlichkeitsrechnung muss aber neben den Systemkosten auch die Stromkosten berücksichtigen. Denn die notwendige Energie für die Schneeabtauung kommt zum Teil aus dem Netz und muss somit bezahlt werden. Dabei bestimmen die Dauer und Heftigkeit des Schneefalls den Strombedarf und damit auch die Abtaukosten. Dennoch lohnt sich das Abtauen. Bleibt nämlich die Temperatur in den Folgetagen frostig, produziert die abgetaute Anlage Strom und liefert Erträge, während verschneite Anlagen uneffektiv sind. Es ist  deutlich effizienter, Schnee kontinuierlich abzutauen, als angesammelte Eis- und Schnee- massen erst nach Schneefall-ende abzutauen. Zu diesem Ergebnis kam der Hersteller Eulektra dank eines im Jahre 2009 in Oberstauffen installierten Prototypen. „Um Eis und Schneemengen abzutauen, benötigen Sie viel Energie“, bestätigt Projektleiter Yüksel Kara. „Die Abtauautomatik verbraucht zwar über einen längeren Zeitraum Strom, ist unterm Strich aber effizienter und garantiert die Dachsicherheit“, nennt Kara aber auch gleich die großen Vorteile. Und noch einen Vorzug des kontinuierlichen Abtauens erklärt der stolze Projektleiter: „Wird aufgestauter Schnee auf Satteldachanlagen angetaut, wie es andere Systeme vorsehen, rutschen gefährliche Schneebretter vom Dach. Das ist bei der Eulektra-Methode ausgeschlossen.“

Eine unsichere Variable
Da die Wetterbedingungen nicht exakt kalkuliert werden können, ist die Wirtschaftlichkeitsrechnung schwierig. Laut Hersteller Eulektra trägt sich das System über die mit 20 Jahren veranschlagte Gesamtlaufzeit einer Photovoltaikanlage selbst und wirft Gewinne ab. Für genauere Berechnungen der Stromkosten für den Abtauvorgang sowie die Gesamtrentabilität stellt man bei Eulektra auf Anfrage ein Kalkulationsprogramm zur Verfügung.

Diesen Beitrag verfasste Uwe Manzke für das greenhome Magazin

 

Foto: Gerhard Winter

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