Energiewende für Zuhause

Weg von fossilen Brennstoffen, unnötigen Stromfressern und klimaschädlichen Gasen. Nur so lassen sich die Klimaschutzziele erreichen. Doch während die Energiewende in Deutschland stockt, besitzen Sie zu Hause bereits alle Voraussetzungen, um schon heute damit zu starten.

von Andreas Frank

Seit Jahren wird von der Energiewende gesprochen. So oft, dass man manchmal bezweifelt, dass sie wirklich Realität wird. Sie können darum warten, bis die Energiewende zu Ihnen kommt. Oder einfach selbst Ihre eigene Energiewende starten: Indem Sie den Strom, den Sie verbrauchen, selbst produzieren.

Der Weg zur Autonomie führt über Energiemanager bzw. Smart-Home-Systeme, die die Energieflüsse am Haus in die richtigen Bahnen lenken. Sie übernehmen dabei drei Aufgaben: Sie visualisieren die Energieflüsse im Haus, sie senken den Energieverbrauch und sorgen dafür, dass Sie möglichst viel vom selbstproduzierten Strom haben.

Stromfresser finden
Wenn Sie die Verbräuche in Ihrem Haus visualisieren, bekommen Sie zunächst einmal ein gutes Gefühl dafür, wo überhaupt Einsparpotenzial besteht. Die einfachste Möglichkeit ist es dabei, eine vernetzte Schaltsteckdose zu verwenden, wie sie etwa AVM für die beliebten FRITZ!Box-Router anbietet. Über die Web-Oberfläche der FRITZ!Box und per App sehen Sie dann, wie viel ein angeschlossenes Gerät verbraucht. So machen Sie schnell Energiesünder ausfindig. Zum Beispiel einen Kühlschrank, der übermäßig viel Strom verbraucht oder Standby-Sünder, die im ausgeschalteten Zustand immer noch einige Watt aus dem Netz ziehen.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, im Sicherungsschrank einen Stromzähler fest einzubauen, um den Verbrauch eines einzelnen Geräts, eines Stromkreises oder den Gesamtverbrauch zu überwachen. Wenn Sie nur den Gesamtverbrauch messen, müssen Sie nicht unbedingt darauf verzichten, einzelne Stromverbraucher auszuwerten. Die Smart Meter von Smappee und Discovergy weisen beispielsweise auch Großverbraucher wie Kühlschrank oder Ofen aus. Die Smart Meter können die Geräte anhand der charakteristischen Verbrauchsmuster unterscheiden.

Sinnvoll kann es auch sein, Temperaturverläufe in den einzelnen Räumen zu analysieren. Zum Teil bringen vernetzte Raumthermostate und Heizkörperregler diese Möglichkeit bereits mit. Die Temperaturkurve legt schnell offen, wann Sie unnötig heizen.

Energiesünder eliminieren
Wenn Sie wissen, wo Sie Energie verschwenden, können Sie sich gezielt ums Sparen kümmern. Allzweckwaffe für Stromverbraucher sind vernetzte Schaltsteckdosen, mit denen Sie vielleicht bereits den Stromkonsum analysiert haben. Damit können Sie bestimmen, wann Sie Geräte komplett vom Strom trennen wollen. Das ist vor allem bei Standby-Sündern sinnvoll. Über Zeitpläne bestimmen Sie etwa, wenn tagsüber niemand zu Hause ist und nachts die Steckdosenleiste mit Fernseher und Set-Top-Box komplett vom Strom getrennt ist.

Bei einigen Schaltsteckdosen sind Sie auch in der Lage, eine Standby-Schwelle festzulegen. Wird dieser Wert für eine bestimmte Zeit unterschritten (z. B. wenn der Fernseher ausgeschaltet ist), trennt die Schaltsteckdose die Stromzufuhr.

Genauso wie Stromverbraucher lassen sich auch Heizungen über Zeitpläne steuern, egal ob Heizkörper oder Fußbodenheizung. Diese Möglichkeit bringen viele Smart-Home-Systeme mit. Haben Sie jedoch einen recht unregelmäßigen Tagesablauf, ist es vielleicht besser, dass sich die Steuerung nicht stur an Zeitpläne hält. Stattdessen ist es eine Möglichkeit, die Heizung und die Stromverbraucher über einen Schalter neben der Haustür in den Sparmodus zu schicken, wenn Sie das Haus verlassen. Eine andere Option ist eine Anwesenheitserkennung. Dabei werden die Bewohner häufig über ihr Smartphone geortet und wenn der letzte das Haus verlässt, gehen alle Geräte aus.

Geräte stimmen sich ab
Schon allein, dass sich Geräte über ein Smart-Home- oder Energiemanagement-System steuern lassen, birgt Einsparpotenzial. Zum Beispiel, wenn sich die Wohnraumlüftung mit der Heizung abstimmt, damit die aufgewärmte Luft nicht gleich wieder nach draußen transportiert wird. Oder dass ein sich öffnendes Dachfenster bewirkt, dass sich die Heizung herunterregelt.

Manchmal ist die Abstimmung schon aus Sicherheitsgründen notwendig. Läuft beispielsweise die Wärmepumpe und das E-Auto lädt gleichzeitig mit maximaler Leistung, kann dies das Hausnetz überlasten und einen Stromausfall verursachen.

Die Stromproduktion voraussagen
Ein ganzes Stück komplexer wird das Energiemanagement, wenn Produzenten ins Spiel kommen. Außer einer Photovoltaikanlage auf dem Dach können das beispielsweise ein Windrad, eine Solarthermieanlage oder eine Brennstoffzelle sein.

Bei Photovoltaikanlagen erhält man oft bereits mit dem Wechselrichter die Möglichkeit, die Stromproduktion am Computer oder dem Smartphone zu überwachen. Diese graphische Visualisierung hilft bereits viel, um ein Gefühl dafür zu bekommen, bei welchem Wetter die Anlage wie viel Strom produziert. So lässt sich nach einer Weile ganz gut voraussehen, wann es am besten ist, Verbraucher einzuschalten, um den eigenen Strom zu nutzen. Zum Teil geben die Visualisierungstools auch bereits Tipps, wann es gut wäre, Geräte laufen zu lassen. Als Verbraucher bieten sich all diejenigen an, die nicht zu einer bestimmten Zeit laufen müssen, zum Beispiel Wärmepumpe, Wallbox, Poolpumpe, Luftentfeuchter, Waschmaschine, Trockner und Geschirrspüler.

Wessen Photovoltaikanlage keine solche Visualisierungsmöglichkeit mitbringt, kann überprüfen, ob es eine Aufrüstoption vom Hersteller gibt. Ansonsten können Sie sich auch über einen vernetzten Stromzähler behelfen, den Sie mit Ihrem Smart-Home- oder Energiemanagement-Systemen verbinden.

Keinen Strom wegwerfen
Den eigenen Strom selbst zu verbrauchen und nicht ins Stromnetz einzuspeisen, rentiert sich immer mehr. Denn die Einspeisevergütung für neue Photovoltaikanlagen fällt stetig. Derzeit liegt sie bei rund 11 Cent pro Kilowattstunde für Anlagen mit einer Maximalleistung bis 10 Kilowatt Peak (kWp), während zugekaufter Strom mehr als das Doppelte kostet. Im Extremfall kann es sogar dazu kommen, dass Sie Strom nicht nutzen können. Der Grund: Photovoltaikanlagen müssen bei 70 Prozent ihrer Leistung abgeregelt werden, wenn sie nicht am Einspeisemanagement teilnehmen. Die Teilnahme am Einspeisemanagement bedeutet, dass die Photovoltaik-Anlage vom Netzbetreiber abgeregelt werden kann, wenn das Stromnetz überlastet ist.

Anstatt den Strom einzuspeisen, können Sie ihn auch speichern. Das muss nicht unbedingt in einer Batterie sein. Der Strom lässt sich ebenso thermisch in einem Wasserpuffer lagern, zum Beispiel über eine Wärmepumpe. Wenn es überschüssigen Sonnenstrom gibt, wird das Wasser erwärmt, um es später zum Heizen oder Duschen zu verwenden. Man kann auch über einen Heizstab Wasser in einem Pufferspeicher erwärmen. Es ist jedoch deutlich ineffizienter als mit einer Wärmepumpe.

Relativ neu ist die Möglichkeit, überschüssigen Strom in der Cloud zu speichern oder in einer Community zu teilen. Dafür zahlt man eine monatliche Gebühr. Solche Angebote gibt es beispielsweise von innogy, sonnen, Viessmann, Senec oder E.ON. Bei der E.ON Solar Cloud zahlen Sie beispielsweise ab 30,99 Euro monatlich, wenn Sie Ihren Strom in der Cloud speichern wollen und keinen eigenen Stromspeicher besitzen. Mit eigener Batterie beginnen die Preise ab monatlich 21,99 Euro.

Die PV-Anlage spricht mit der Waschmaschine
Laufend zu bestimmen, ob der Solarstrom zur Wärmepumpe, der Waschmaschine, in den Batteriespeicher oder ins Netz fließen soll, ist nicht wirklich praktisch. Einfacher und effizienter ist es, diese Aufgabe einem Energiemanager zu übertragen. Dafür müssen Produzenten, Speicher und Verbraucher mit ihm verbunden sein.

Bei Photovoltaikanlagen und Batteriespeichern erfolgt die Vernetzung häufig über den Wechselrichter oder über einen zusätzlichen Stromzähler. Um Hausgeräte wie Geschirrspüler, Waschmaschine oder Trockner einzubinden, lassen sich zum Teil Schaltsteckdosen verwenden. Es gibt aber auch vernetzte Haushaltsgeräte von Miele, Bosch und Siemens, die sich direkt integrieren lassen.

Im Gegensatz zu Hausgeräten sind viele neuere Wärmepumpen bereits vernetzt oder lassen sich einfach aufrüsten. Wie bei vernetzten Hausgeräten gibt es jedoch ein Problem: Sie funktionieren nur gemeinsam mit bestimmten Energiemanagern bzw. Smart-Home-Systemen. Bei Ladestationen für Elektroautos ergibt sich das gleiche Bild. Sie müssen also selbst genau hinschauen, welche Geräte sich miteinander verstehen oder gleich einen Experten beauftragen.

Einen Experten finden
Erste Anlaufstelle für ein Energiemanagement-System sind Installateure von Photovoltaikanlagen. Aber auch die Heizungshersteller und damit Heizungsbetriebe bieten immer häufiger Lösungen zum Energiemanagement an. Bei einem Smart-Home-Fachbetrieb, der eine eher ganzheitliche Sicht auf die Haustechnik besitzt, sind Sie wiederum richtig, wenn Sie weitere Bereiche im Haus vernetzen wollen.

Außer der Installation des Energiemanagement-Systems können die Experten auch gleich die intelligente Verknüpfung der Geräte übernehmen. Die einfachste Möglichkeit ist dabei festzulegen, wenn die Stromproduktion einen bestimmten Wert überschreitet, sollen sich zunächst die Verbraucher einschalten und anschließend soll der Speicher geladen werden.

Maximal sparen
Mehr vom eigenen Strom haben Sie jedoch, wenn der Energiemanager weitere Parameter in die Steuerung einbezieht: zum Beispiel die Produktions- und Verbrauchs- prognose. So weiß das System beispielsweise, wie viel Strom gewöhnlich abends verbraucht wird und kann den Batteriespeicher entsprechend aufladen, um keinen Strom abends zukaufen zu müssen. Bei der Produktionsprognose geht es unter anderem darum, keinen Strom wegzuwerfen, wenn die PV-Anlage nur 70 Prozent ihrer Maximalleistung ins Netz einspeisen darf. Es wäre beispielsweise wenig sinnvoll, Verbraucher einzuschalten und den Batteriespeicherspeicher vollzuladen, wenn die Prognose voraussagt, dass am Mittag 70 Prozent der Photovoltaik-Anlagen-Leistung überschritten werden. In diesem Fall wäre es besser, morgens Strom ins öffentliche Netz einzuspeisen. Erst mittags, beim Überschreiten der 70 Prozent würden die Verbraucher laufen und der Batteriespeicher laden, um den gesamten Strom zu nutzen.

Ganz nebenbei sind Sie mit einem intelligenten Energiemanager auch bestens für die variablen Stromtarife vorbereitet, die mit dem intelligenten Stromnetz (Smart Grid) und den vernetzten Zählern (Smart Meter) kommen sollen. Wenn es soweit ist, können Verbraucher automatisch starten, wenn günstiger Strom zur Verfügung steht. Bis dahin bleibt Ihnen jedoch kaum etwas anderes übrig, als Ihr eigenes Smart Grid zu Hause aufzubauen.

Bilder: Bosch, AVM, MEP Werke

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