Mit vereinten Kräften

Energie sparen, aber auf keinen Komfort verzichten: Das ist im Smart-Home wie im Auto das Ziel. Gemeinsam holen die beiden das Maximum heraus.

Von Andreas Frank

Unsere Autos sind schon lange so, wie es sich viele von ihrem Zuhause wünschen. Im Auto sorgt smarte Elektronik für mehr Komfort, mehr Sicherheit und weniger Energieverbrauch. Wenn Sie die Autotür öffnen, geht das Licht im Innenraum automatisch an. Wird es draußen dunkel, beginnen die Schweinwerfer zu strahlen. Und wenn sich jemand an Ihrem Auto zu schaffen macht, geht die Sirene los. Die Vernetzung mit dem Smartphone kommt immer häufiger dazu. So können Sie vom Sofa aus sehen, wie viel Benzin noch im Auto ist, Navigationsziele ans Auto schicken oder die Standheizung bereits einschalten, bevor Sie ins Auto steigen.

Smart-Home-Technik soll solche Funktionen ins Haus bringen. Während es bei neuen Fernsehern und Musikanlagen allmählich Standard wird, dass sie sich mit dem Smartphone und untereinander verbinden, hinkt die Vernetzung von Licht, Heizung und Haushaltsgeräten hinterher. Wer will, kann jedoch schon heute das komplette Haus per Smart-phone steuern: Lichtstimmungen per App kreieren, unterwegs nachsehen, ob zu Hause alle Fenster geschlossen sind oder auf dem Nachhauseweg die Heizung einschalten, damit es bei Ankunft bereits warm ist. Auch automatische Abläufe sind möglich. Indem sich zum Beispiel das Licht einschaltet und die Rollläden herunterfahren, wenn es dunkel wird.

Auto und Haus wachsen zusammen

Trotz der zunehmenden Vernetzung im Auto und im Haus hatten bislang beide wenig miteinander zu tun. Doch das ändert sich gerade langsam. Wie das aussehen kann, zeigt die Telekom bei ihrem Smart-Home-System Magenta Smart Home. So lässt sich das System über vernetzte Autos von BMW und Volkswagen steuern. Dadurch ist es möglich, über das Infotainment-System im Auto die Heizung zu regeln oder zu Hause das Licht auszuschalten, falls man es dort vergessen hat. Außerdem wird der Fahrer im Alarmfall sofort informiert und kann über das Bordsystem einen Blick auf das Kamerabild werfen, um zu sehen, was los ist.

Sie erhalten also ähnliche Funktionen wie mit der Smartphone-App des Smart-Home-Systems. Die Bedienung ist jedoch auf die Anforderungen im Auto zugeschnitten. Oliver Diener, Leiter Connected Car Product Solutions bei Volkswagen, erklärt: „Im Auto soll der Fahrer möglichst wenig abgelenkt werden und er soll alle Funktionen möglichst einfach bedienen können. Deshalb ist es zum Beispiel wichtig, dass Felder auf dem Touch display nicht zu klein sind und der Kontrast bei Dunkelheit ausreicht, um alles leicht lesen zu können.“

Auch digitalSTROM erlaubt Nutzern ihres Smart-Home-Systems, das Zuhause vom Auto aus zu steuern. Hier funktioniert es über Autos vom Elektro-Auto-Pionier Tesla. digitalSTROM und die Telekom sind jedoch eher Ausnahmen. Bei anderen Smart-Home-Systemen findet man diese Steuermöglichkeit selten.

Sprachassistenten im Auto

Durch die zunehmende Beliebtheit der Sprachassistenten Amazon Alexa, Google Assistent und Siri von Apple kommt jedoch Schwung in die Smart-Home-Steuerung vom Auto aus. Schon heute lässt sich in Autos, die Apple CarPlay unterstützen, das Zuhause per Siri steuern. Bei CarPlay handelt es sich um eine Schnittstelle, worüber sich das iPhone mit dem Infotainment-System des Autos verbindet. Um sie zu nutzen, muss das Infotainment-System CarPlay unterstützen. Ausgewählte Apps vom iPhone werden so optimiert auf dem Bordsystem des Autos angezeigt: zum Beispiel die Karten-App von Apple, der Musikdienst Spotify oder WhatsApp. Außerdem kann der Fahrer per Siri einen Anruf über sein iPhone starten, die Musikwiedergabe steuern oder Nachrichten diktieren.

Über Siri ist es auch möglich, Geräte zu steuern, die Apples SmartHome-Standard HomeKit unterstützen. So können Sie Siri im Auto zum Beispiel fragen: „Hey Siri, sind alle Lichter ausgeschaltet“ oder den Befehl geben: „Hey Siri, mach das Garagentor auf.“

Für Nutzer von Android-Smartphones gibt es Android Auto. Wie bei CarPlay lässt sich darüber das Smartphone mit dem Infotainment-System im Auto koppeln. Mit Android Auto ist die Sprachsteuerung schon heute möglich, jedoch bislang nur mit eingeschränktem Funktionsumfang. So können Sie bereits jetzt einen Anruf per Sprache starten, jedoch nicht das Smart-Home steuern. Das soll aber kommen, in den USA funktioniert es bereits.

Wo Apple und Google sind, ist Amazon nicht weit. Und so soll auch Amazon Alexa zum digitalen Beifahrer im Auto werden. Bei neuen Ford-Autos ist sie es in den USA bereits. In Deutschland dauert es noch ein bisschen. Einige Hersteller haben aber bereits die Unterstützung für dieses Jahr angekündigt, zum Beispiel BMW und Seat. Dadurch wird es auch im Auto möglich sein, das Zuhause per Alexa zu steuern.

Das Auto von zu Hause aus steuern

Auch andersherum funktioniert es. So können Sie von zu Hause ausgewählte Autos per Sprache steuern. Bei neuen BMWs funktioniert es beispielsweise über den Sprachlautsprecher Amazon Echo, indem Sie den Befehl geben: „Alexa, aktiviere die Klimasteuerung vom BMW.“ Genauso ist es möglich, die Türen per Sprache zu verriegeln. Bei einigen BMW-Modellen können Sie Alexa sogar fragen, ob die Fenster geschlossen sind oder wie groß die Reichweite vom Auto ist. Ähnliche Möglichkeiten bietet Mercedes für seine Fahrzeuge. Bei anderen Herstellern findet man diese Funktionen selten, zum Teil sind sie aber schon in Entwicklung, beispielsweise bei VW. „Wir werden es zeitnah ermöglichen, das Auto von zu Hause per Alexa zu steuern“, verrät Oliver Diener von VW. Auch andere digitale Assistenten wie Google Assistant und Siri seien in Planung. „Im Auto selbst schauen wir gerade noch, wie viele andere Autohersteller auch, wie wir digitale Assistent integrieren können.“

Integration ins Smart-Home

Auch die Steuerung vom Auto über ein Smart-Home-System befindet sich noch am Anfang. Begrenzte Möglichkeiten bieten jedoch bereits BMW und Tesla. Über den kostenlosen Dienst IFTTT (www.ifttt.com) können Sie neue Modelle der beiden Hersteller zum Beispiel mit Lampen von Philips Hue, der Heizungssteuerung Honeywell Evohome oder dem Sicherheitssystem Somfy Protect verknüpfen. Dafür legen Sie über IFTTT Wenn-Dann-Regeln wie diese an: Wenn Sie sich mit Ihrem BMW dem Zuhause nähern, soll sich automatisch die Heizung per Evohome hochregeln und das Sicherheitssystem Somfy Protect deaktivieren.

Stromausfälle durch Elektroautos verhindern

Während die Verbindung mit dem Smart-Home bei Benzin- und Diesel-Autos vor allem mehr Komfort bedeutet, trägt sie beim Elektroauto auch erheblich zum Energiesparen und zur Sicherheit bei. Hier geht es zum Beispiel darum, das Stromnetz im Haus nicht zu überlasten, wenn das E-Auto geladen wird. Ziehen zum Beispiel gemeinsam mit dem E-Auto der E-Herd und die Nachtspeicherheizung Strom aus dem Netz, kann es zu einem Stromausfall kommen. In Zukunft könnte es auch zu einem Problem werden, wenn in einem Mehrfamilienhaus mehrere E-Autos nach der Arbeit gleichzeitig Strom aus dem Hausnetz ziehen. Ein Smart-Home- oder Energiemanagement-System kann das verhindern, indem es die Autos über Nacht verteilt lädt oder die Ladeleistung der einzelnen Autos begrenzt

Für ein solches Energiemanagement ist es wichtig, dass das System weiß, wer Vorrang im Haus hat.  Am Abend kann das zum Beispiel zunächst die Wärmepumpe sein, die das Haus aufheizen soll. Über Nacht wird dann das Auto mit Strom betankt, das erst am nächsten Morgen wieder geladen vor dem Haus stehen soll. In einem Mehrfamilienhaus muss zudem die Entscheidung getroffen werden, welches Auto beim Laden Priorität haben soll, weil es beispielsweise als nächstes wieder benötigt wird.

Wer mit selbst produziertem Strom und eigenem Batteriespeicher möglichst energieautark leben will, steht vor einer weiteren Herausforderung. Das Auto soll nach der Arbeit zwar so weit vollgetankt werden, um am nächsten Tag wieder zur Arbeit fahren zu können. In der Hausbatterie soll aber noch so viel Strom bleiben, damit genügend für die Nacht und den Morgen im Haus zur Verfügung steht, bis das nächste Mal die Sonne scheint. Ein Energiemanagement-System blickt also idealerweise auch in die Zukunft und weiß, wie viel Verbrauch im Haus noch zu erwarten ist, welche Strecke am nächsten Morgen das Auto zurücklegt und wann das nächste Mal die Sonne scheint.

Das Haus kommuniziert mit der Ladestation

Ein Energiemanager, der solche Funktionen mitbringt, ist der Sunny Home Manager von SMA. Er weiß, wie viel Strom der Haushalt gewöhnlich verbraucht und kennt die Sonnenprognose. Um das E-Auto intelligent zu laden, kann sich der Sunny Home mit der AMTRON-Ladestation von Mennekes verbinden. Besitzer der Ladestation sind in der Lage, über die dazugehörige Charge APP unter anderem das Laden zu überwachen und per Fingertipp zu starten. Hier können sie auch die Home-Energy-Manager-Funktion aktivieren. Dadurch lässt sich festlegen, wie viel Strom in das Elektro-Auto in welcher Zeit geladen werden soll und der Sunny Home Manager stimmt das Lademanagement darauf ab.

Momentan braucht es noch solche Kooperationen wie zwischen SMA und Mennekes für ein intelligentes Lademanagement vom Auto. Wenn es nach der EEBUS Initiative geht, hat der Kunde in Zukunft eine weitaus größere Auswahl an Produkten, die er miteinander kombinieren kann. EEBUS-Mitglieder wie SMA, Bosch-Siemens-Hausgeräte, Viessmann oder Volkswagen haben bereits EEBUS-kompatible Produkte auf den Markt gebracht oder planen solche. Die Auswahl ist jedoch bislang überschaubar.

Momentan ist es also noch schwierig, ein Gewerke übergreifendes Energiemanagement umzusetzen, welches das Elektroauto, die Photovoltaikanlage, die Haushaltsgeräte und die Heizung umfasst. Hier hilft häufig nur ein Experte weiter, der weiß, welche Geräten miteinander kompatibel sind und wie sie sich vernetzen lassen. Einen solchen Experten finden Sie zum Beispiel über die Fachbetriebssuche vom ZVEH (Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke) unter www.zveh.de/fachbetriebssuche/. Klappt es mit dem smarten Energiemanagement, werden Sie mit einem Haus und einem Auto belohnt, die sich optimal mit selbstproduziertem Strom versorgen und Ihre Energiekosten auf ein Minimum senken.

Das Laden aufeinander abstimmen

Interview mit Dr. Folke Mitzlaff, Produktmanager Energiemanagement bei der SMA Solar Technology AG.

Guten Tag, Herr Mitzlaff! Welche Herausforderungen entstehen durch ein Elektroauto für ein Haus?

Eine Herausforderung besteht darin, durch ein gezieltes Energiemanagement sicherzustellen, dass andere große Verbraucher im Haus nicht gleichzeitig mit dem E-Auto geladen werden oder die Ladeleistung vom Auto begrenzt wird. Ansonsten kann es in Ausnahmefällen zu einem Stromausfall kommen. Zusätzlich ist es sinnvoll, dass bei einem Haus mit einer Photovoltaik-anlage das Auto unter energetischen Gesichtspunkten optimal geladen wird, um möglichst viel günstigen Solarstrom zu nutzen. Deshalb koordiniert beispielsweise unser Sunny Home Manager immer, welcher Verbraucher gerade am sinnvollsten geladen bzw. gestartet werden kann. Dabei wird nicht nur die aktuelle Stromproduktion und der Füllstand eines Batteriespeichers berücksichtigt, sondern auch die Produktions- und Verbrauchsprognose.

Können durch die zunehmende Anzahl von Elektro-autos Probleme für das öffentliche Stromnetz entstehen?

Auch wenn das deutsche Stromnetz gut ausgebaut ist, ist es nicht darauf vorbereitet, was die zunehmende Anzahl an Elektroautos in Zukunft braucht. Wenn viele E-Autos gleichzeitig geladen werden, können extreme Lastspitzen entstehen und das Stromnetz überlasten. Das kann zum Beispiel am Abend nach der Arbeit passieren. Aus diesem Grund müssen auch Ladestationen für Elektroautos vom Netzbetreiber genehmigt werden. Es ist also möglich, dass der erste in einer Straße noch die Genehmigung für eine Ladestation erhält, die anderen aber nicht mehr. Ein Weg, diese neuen Belastungen zu bewältigen, besteht in einem intelligenten Stromnetz, in dem Elektroautos das Laden aufeinander abstimmen.

Was dürfen wir in Zukunft beim Lademanagement von Elektroautos erwarten?

Bei der nächsten Generation an Elektroautos ist es möglich, über dieses Auto festzulegen, wie weit es geladen werden soll und das Energiemanagement-System stimmt diesen zusätzlichen Energiebedarf mit den anderen Verbrauchern im Haus ab. Der Fahrer bestimmt dann, was die Mindestreichweite des Autos sein soll – zum Beispiel, um zum nächsten Krankenhaus zu kommen. Außerdem kann der Fahrer festlegen, welche Reichweite er unter der Woche braucht, um zur Arbeit zu kommen. Für längere Strecken ist der Fahrer wiederum in der Lage, vorab Ziele ins Navi einzugeben, damit der Batteriespeicher entsprechend geladen wird. Zusätzlich wird das Elektroauto als mobiler Energiespeicher ein wichtiges Thema. Das Auto kann so bei Verbrauchsspitzen im Haus oder am Arbeitsplatz aushelfen.

Das könnte dich auch interessieren …