Experten-Interview zum bauen mit Lehm
Christof Ziegert ist im Vorstand des Dachverbandes Lehm und arbeitet mit anderen Fachkräften an der Lehmbaunorm, einer Fortsetzung der Lehmbau-Regeln, die das Bauen mit Lehm europaweit normieren soll. Ziegert lehrt in Potsdam, Berlin und Zürich.
Wie ist der Stand des Lehmbaus in Deutschland?
„Lehmputze sind sehr verbreitet. Sie sind nur wenig teurer als herkömmliche Putze. Schon mit einem Auftrag von 1,5 Zentimetern kann ich Tagesschwankungen der Raumluftfeuchte ausgleichen. Lehmbauplatten und Lehmbausteine sind im Kommen. Die massive, tragende Konstruktion hat in Deutschland keine große Verbreitung, weil die Preisunterschiede zu anderen Baustoffen hierzulande noch groß sind. Das ist dann nur etwas für echte Liebhaber.“
Was macht Lehm als Baustoff so teuer?
„Einen Lehmstein zu trocknen ist in Deutschland teurer als einen Ziegel zu brennen. Noch. Da wird es bald Regulierungen geben. Ebenso wie bei der energetischen Gebäudebewertung.
Im Moment zählt nur, wie viel Energie ein Gebäude verbraucht, wenn es steht. In Zukunft wird es globale Energiebewertungen geben, energetische Kosten zur Errichtung eines Gebäudes und deren Beseitigung werden darin einfließen. Dann wird Lehm als Baustoff noch attraktiver.“
Was spricht für das Bauen mit Lehm in unserem Klima?
„Ein Lehmbau erreicht ein Optimum an klimatischer Trägheit eines Gebäudes. Lehm ist ein sehr guter Puffer. In unseren
Breitengraden, in denen es innerhalb eines Tages Temperaturschwankungen von bis zu 20 Grad Celsius und 50 Prozent Luftfeuchte geben kann, eine ideale Eigenschaft, die gerade bei Dachgeschossausbauten eine immer größere Bedeutung erlangt. Der Lehmbau ist längst in der Moderne angekommen,
wir können heute in jedem Fall allen ästhetischen Anforderungen entsprechen; konstruktiv, aber auch in Form eines weißen Lehmputzes.“
… und dagegen?
„Lehm ist grundsätzlich kein Höher-weiter-schneller-Baustoff. Ton als das Bindemittel erreicht niemals die Festigkeit von Zement. Lehm ist immer witterungsempfindlich. Aber bedenken Sie: In Deutschland geht es bei einem Großteil der dringenden Bauaufgaben um bestimmte bauphysikalische Eigenschaften und um die regionale Verfügbarkeit.“
Das Interview führte Marion Müller-Roth für das greenhome-Magazin
Lehmputz ist tatsächlich nicht mehr der Putz, welcher seit Jahrhunderten in unseren Breiten verarbeitet wurde. Die tolle Wirkung auf das Raumklima ist jedoch geblieben, ja bei einigen innovativen Produkten sogar noch verbessert worden. Bei einer ehrlichen Betrachtung bringt er eigentlich nur Vorteile, da eine Verwendung mit hohen statischen Erfordernissen so gut wie nie erforderlich ist. Würde eine Life Circle Berechnung ohne wenn und aber, also mit Verbrauch der Produktions- und Entsorgungsenergie eingerechnet werden, so würde eine Bewertung dieses Baustoffes eine andere sein.
Herr Ziegert – danke für Ihren Einsatz – kämpfen Sie weiter