Tosende Tropfen

Ruhige Minuten im Bad genießen? Viele Hausherren können davon nur träumen, denn in ihrem Badezimmer gibt es neben Wasser vor allem Lärm. Ingenieure gehen den Ursachen auf den Grund.

Geräuschbelästigungen durch Installationen im Haus? Dafür ist laut einer Umfrage des Fraunhofer Instituts für Bauphysik (IBP) meist ungenügender Schutz vor Körperschall verantwortlich. Brücken, die diesen Lärm transportieren, sind häufig unsachgemäß montierte Abwasserleitungen und am Baukörper befestigte Trinkwasserleitungen. Auch ungünstig montierte WC-Spülkästen und ihre Rahmenkonstruktionen stellen empfindliche Ohren schnell auf eine harte Probe. Doch damit nicht genug: Ob Badewannen, WC-Schüsseln, Duschwannen oder auch Waschtische – hier können ebenfalls Körperschallbrücken entstehen, wenn die Elemente an Fußböden und Wänden hart montiert sind.

Das Bad im Bad
Zwar gehen gerade moderne Badgestaltungskonzepte immer mehr den Schritt weg von der Wand. Doch damit entsteht auch ein ganz neuer Raum mit neuen Anforderungen an die Schallentkopplung. Die funktionelle Raumgestaltung wird somit für Hausbauer und Badplaner wichtiger. Neben Inneneinrichtern verfolgt auch die Industrie seit Jahren neue Ansätze. Badezimmer erhalten mehrere Funktionen und eine individuelle Nutzungsqualität.

Nicht nur die Dusche, sondern auch das Waschbecken oder die Toilette werden zum Raum im Raum – alleinstehend, als Kombination mehrerer zusammengefasster Ausstattungselemente oder in bewusst hintereinander geschalteten Stationen. „Bodengleiche Duschwannen gehören mittlerweile genauso zum Standard wie freie Wandelemente und daran befestigte WCs“, erklärt der Prüfingenieur der Müller-BBM GmbH Elmar Schröder. Ebenso wie moderne Armaturen erfordert der aktuelle Trend aus Sicht des Ingenieurs auch neue Konzepte, um unerwünschte Geräusche zu unterbinden.

Doch um diese Konzepte entwickeln zu können muss man zunächst herausfinden, wo der Lärm im Bad überhaupt entsteht. Zur stärksten Geräuschentwicklung kommt es beim Duschen. Der Wasserstrahl fließt vom Körper ab und dabei tropft das Wasser geballt auf die Duschfläche. Diese Geräusche wollen die Hersteller verringern und ihre Dusch- und Badewannen optimieren. Das Zauberwort heißt Schallentkopplung. Darunter versteht man den Versuch, Verbindungen zwischen einzelnen Bauteilen zu vermeiden, damit der Schall nicht von einem Bauteil zum anderen weitergeleitet wird.

Messen für mehr Komfort
Viele der neuen Lösungen für weniger Lärm im Haus basieren auf Installations-Schallpegelmessungen des Fraunhofer Instituts für Bauphysik. Diese Messungen zeigen: Der Aufprall des Wassers aus der Brause und den Füllarmaturen erzeugt beim Baden und Duschen Schall, genauer gesagt Körper- und Luftschall. Bei Bade- oder Duschwanne und Duschsystem muss die Installation deshalb fachgerecht körperschallentkoppelt montiert werden. Geschieht das nicht, wird der Schall über den Boden und die angrenzenden Wände in andere Räume des Gebäudes weitergeleitet. Dies kann zu einer erheblichen Ruhestörung im benachbarten Wohnbereich führen, insbesondere in schutzbedürftigen Räumen wie Wohn- und Schlafzimmer.

Normative Anforderungen an die Nutzergeräusche gibt es momentan nicht. Lange gab es ebenso keine einheitlichen Aussagen. Zwar wurden schon früher genormte Prüfverfahren für die Geräuschmessung bei Duschwannen empfohlen. Aber einen Vergleich unterschiedlicher Wannen erlaubte die Vielfalt an Handbrausen mit den bisherigen Methoden nicht. Inzwischen können aber die unterschiedlichsten Messwerte genau erfasst und auch eingeordnet werden. Möglich macht das eine Methode der Fraunhofer-Prüfingenieure, das IBP-Laborverfahren: Damit messen die Akustikprofis den Installations-Schallpegel und erhalten vergleichbare Werte.

Im Mittelpunkt steht dabei das Wasserstrahl-Prallgeräusch. Es ist für die Beurteilung der akustischen Eigenschaften einer Dusch- oder Badewanne relevant. Mit den so ermittelten Messwerten ist es möglich, die Schallausbreitung der Wannen noch besser einzudämmen. Bei ihren Untersuchungen setzten die Ingenieure eine Vielzahl von derzeit marktüblichen Handbrausen ein. Unterschiedliche Hersteller, Preisklassen und Ausstattungsmerkmale haben die Experten untersucht und ihre akustischen Eigenschaften verglichen. Das Ergebnis der Tests: Herkömmliche Strahlarten wie Normal-, Massage-, Soft- oder Monostrahl regen die Wanne je nach Durchflussstärke stärker an. Eine höhere Schallausbreitung ist die Folge.

Ein Recht auf Ruhe
Das Verfahren des IBP hat viele Produktanbieter überzeugt. Immer mehr Wannenhersteller lassen das Geräuschverhalten der Systeme deshalb beim IBP in Stuttgart überprüfen. Und das bereits bei der Produktentwick- lung, um die Schalldämpfung bestmöglich zu verbessern. Schließlich werden leise Produkte für den Kunden immer wichtiger. Besonders in Mehrfamilienhäusern ist der unangenehme Lärm aus dem Bad nämlich ein weit verbreiteter Zankapfel. „Die erhöhten Schallschutzanforderungen bei Installationsgeräuschen sind oftmals Anlass von Rechtsprozessen und stellen hohe Ansprüche an die Bauwerksqualität“, weiß Prüfingenieur Elmar Schröder. Diese Geräusche sind beispielsweise in Reihenhäusern noch relativ akzeptabel, schließlich wohnt hier allein der Hausherr mit seiner Familie.

Anders sieht es dagegen aus, wenn mehrere Parteien in einem Gebäude mit vermeintlichen Luxuswohnungen leben. Die Anforderungen steigen also und künftig soll eine Grenze für den Schalldruckpegel von höchstens 24–27 dBA gelten. Das entspricht ungefähr der Lautstärke von Atem- oder Flüstergeräuschen. Der große Irrtum bei der Suche nach Lärmquellen im Bad: Wasserleitungsgeräusche, auch als Installationsgeräusche bekannt, werden nicht über die Wasserleitung in andere Wohnungen übertragen. Der Körperschall wird meistens von den Armaturen erzeugt und bahnt sich seinen Weg über die Wände und Decken.

Immerhin: Neue Messmethoden und verbesserte Produkte zeigen Wirkung und entlasten selbst die empfindlichsten Ohren. Ingenieur Elmar Schröder lobt hier vor allem hochwertige Modelle: „Waren vor Jahren noch 2-Ventil-Mischbatterien im Einsatz, werden heute in der Regel Einhebelmischbatterien verwendet. Hier unterscheiden sich Qualitätsprodukte mit Prüfzeichen von einfacher Massenware, denn die hohen Turbulenzen, die beim Mischen entstehen, drücken in die Wasserleitung zurück und geben so erhöhten Körperschall – teilweise bis 35 dBA ab.”

Unterschiedliche Klangqualität
Auch Rainer Filohn, Produktmanager für Rohrleitungssysteme bei der Firma Geberit, weiß, wie wichtig Qualität bei Entwurf und Verarbeitung von Sanitärelementen ist. Seine Kollegen konnten viel Erfahrung in der Schallforschung für das Bad sammeln. „Seit über 20 Jahren befassen wir uns mit der akustischen Gesamtsituation, also mit der Schallentkoppelung und Befestigung von Zu- und Abwassersystemen. Dabei gilt es, den kompletten Badaufbau zu beachten“, beschreibt der Produktmanager den hohen Aufwand, den die Entwickler gerade bei aktuellen Modellen betreiben.

„Neue Raumkonzepte wie wandferne Installationen oder bodenebene Duschwannen machen auch neue Lösungen zur Senkung der Installationsgeräusche notwendig“, erklärt Filohn und verweist auf den unmittelbaren Nutzen der Forschung für den Kunden: integrierte Duschelemente für die bodenebene Dusche samt Schallschutznachweis. Beil allem Entwicklungsaufwand sieht Rainer Filohn aber auch Hausbesitzer und Planer in der Pflicht: „Bauherren können wir in diesem Zusammenhang nur raten, Handwerker auszuwählen, die auch das Bad als eine Einheit sehen. Der Bauprofi wird schnell erkennen, dass es viel wichtiger ist, dass das Gesamtsystem mit Trinkwasser- und Abwasserinstallation, Vorwandsystem und Spülkasten berücksichtigt wird.“

Diesen Artikel verfasste Uwe Manzke für das greenhome Magazin

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