Gut geschützt vor Hochwasser

Hochwasser bedroht immer mehr Haushalte. Wie Sie sich besser vor extremen Fluten schützen können, erkundete unser Autor Uwe Manzke und tauchte für Sie tief in das Thema Hochwasserschutz ein.

Das Hochwasserschutzgesetz regelt vorbeugende Maßnahmen, die auf Länderebene angewendet werden und verbindliche Schritte vorgeben. Solche Maßnahmen können Renaturierungen sein oder die Schaffung größerer Überflutungsgebiete. Erste Erfolge zeichnen sich dann jedoch erst mittel- bis langfristig ab. Dass diese Aktionen im Schadensfall allein nicht ausreichen, zeigt sich jedes Jahr, wenn Starkregen oder Binnenhochwasser zu Überflutungen und vollgelaufenen Kellern führt. Immer mehr Schäden an Gebäuden verursacht aber auch der steigende Grundwasserpegel. Spätestens wenn sie selbst betroffen sind, wird die Frage des Hoch- wasserschutzes für Anwohner wichtig.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V., kurz GDV, fordert daher mehr Prävention. Öffnungen wie beispielsweise  Kellerfenster sollen besser gegen  Starkregen und Oberflächenwasser geschützt werden. In seiner Klimabroschüre 2012 weist der Verband auf einen möglichen rasanten Anstieg der Schadensfälle durch Flussüberschwemmungen und Sturzfluten hin. Um mehr als das Doppelte oder gar Dreifache könnten solche Schäden bis zum Ende des 21. Jahrhunderts zunehmen, warnt der GDV. Um Mietern, Hausbesitzern und Unternehmern einen Überblick zu möglichen Risikogebieten zu ermöglichen, gibt es ein geografisches Informationssystem für die Risikokalkulation der Hochwassergefahr.

Dieses sogenannte Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen, kurz ZÜRS, wurde in den letzten Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Seit dem Start der ersten Version im Jahre 2001 wurden mehr als 20 Millionen Hauskoordinaten  in das System eingespeist, rund 200.000 Kilometer Fließgewässer integriert und Überschwemmungsdaten bei mehr als 200 Wasserwirtschaftsbehörden in allen Bundesländern gesammelt. Mieter, Hausbesitzer und Unternehmer können sich auf der Internetseite des GDV in der Rubrik ZÜRS public darüber informieren, wie stark ihr Gebäude von Hochwasser gefährdet ist.

Forschen für mehr Sicherheit
Sandsäcke haben sich über die Jahre als Schutz gegen Überflutungen durchgesetzt. Aber immer häufiger auftretende Hochwasserereignisse und die vielen Personen, die für den Aufbau von Sandsackwällen nötig sind, lassen die Rufe nach effizienteren Systemen lauter werden. Ein neues mobiles Hochwassersystem namens AquaWand kann mit minimalem Personalaufwand – empfohlen werden zwei Personen – innerhalb weniger Minuten und ohne hohen Logistik-aufwand aufgebaut werden. Von August bis Ende letzten Jahres liefen die Tests dieses Hochwasserschutzsystems am Potsdamer TuTech Zentrum für Klimafolgenforschung, kurz KLIFF. Und seit März 2013 liegen die Ergebnisse der Untersuchungen vor.

Die Resultate sprechen für mobile Hochwasserschutzsysteme wie die AquaWand. Sie ermöglichen es nämlich, den Schutz vor Fluten autark, ohne viele Hilfsmittel oder Infrastruktur in die eigene Hand zu nehmen. Besondere Pluspunkte dieser selbständigen Vorsorge ist die schnelle Verfügbarkeit einerseits und die Einlagerung direkt am Einsatzort andererseits. Damit wird die Logistik, ein Faktor, der beim Hochwasserschutz den mit Abstand größten Zeitaufwand fordert, verringert oder sogar ganz vermieden. Alle Bauelemente sollten bei Hochwasserschutzsystemen so verbaut werden, dass kaum oder gar keine losen Teile den Aufbau verzögern. Ein solches System sollte auch so bemessen sein, dass es mit einer Einbautiefe von unter 80 cm auskommt, damit es keine Rohrsysteme oder andere Leitungen und Installationen behindert.

Die Dimensionierung der einzelnen Bauteile muss zudem je nach Anspruch an den Standort anpassbar sein. Zusätzlich sollten die Systeme einfach gestaltet sein, damit sie ohne Spezialkenntnisse aufgebaut werden können. Entscheidend ist zu guter Letzt die Widerstandsfähigkeit eines mobilen Hochwasserschutzsystems, kurz mHWS. Es muss auch Extrembelastungen durch herantreibenden Schmutz standhalten und trotz möglicher kleiner Beschädigungen durch Treibgut einsatz- und funktionsfähig bleiben. Solche Schäden, die sich während eines Hochwassers nicht immer vermeiden lassen, sollten durch eine einfache und schnelle Reparatur oder Stabilisierung am Einsatzort behoben werden können.

Keine einheitliche Norm
Zwar sind bereits einige Anforderungshinweise zum Einsatz mobiler Systeme zusammengefasst, beispielsweise in Merkblättern des Bundes der Ingenieure für Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Kulturbau e.V, kurz BWK. Dennoch gibt es derzeit in Deutschland keine allgemein anwendbaren Standardlösungen oder Normen für den Einsatz und für Tests von mobilen Hochwasserschutzsystemen. Aussagekräftige Testmethoden gibt es dennoch. „Die Eigen- schaften von mobilen Hochwasserschutzsystemen, also die Dichtigkeit, Stabilität und die Einsatzfähigkeit sollten unter definierten Belastungen bekannt sein“, erläutert Vincent Gabalda, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wasserbau der TU Hamburg-Harburg.

„Daher hat unser Institut ein Testverfahren entwickelt, welches auf amerikanischen und englischen Standards basiert“, erklärt Gabalda weiter. Seit dem Jahre 2007 hat das Institut insgesamt 14 Systeme im eigenen Versuchsbecken getestet, darunter auch die AuquaWand, zu der im vergangenen Jahr eine Testreihe im Rahmen eines europäischen Forschungsprojektes namens SMARTeST lief. Das mobile Hochwasserschutzsystem der Firma AQUABURG war dabei auf einer Stauhöhe von 1,2 m und auf einer Länge von 18 m in der Testanlage eingebaut und wurde in Anlehnung an die Vorgaben des SMARTeST Projekts getestet.

„Die Ergebnisse dieser physikalischen Tests sind zum einen wichtig für den Hersteller, der sein Produkt praxisnah optimieren kann. Zum anderen sind sie interes- sant für Kunden, um sich über die Eigenschaften von Hochwasserschutzsystemen unter Einsatzbedingungen zu informieren“, erklärt Vincent Gabalda den Sinn solcher Prüfungen. Das Institut für Wasserbau forscht derzeit an weiteren Zukunftsthemen und der Bedarf ist groß, erklärt auch Institutsleiter Peter Fröhle: „Unter anderem werden im Projekt SMARTeST Technologien zur Risikoverminderung und zur verbesserten Sicherheit von Bauwerken im Hochwasserfall untersucht. Im Projekt KLIMZUG geht es um Anpassungsprozesse im Regenwassermanagement und Binnenhochwasserschutz.“

Hochwasser2Gefährliches Wasser aus dem Untergrund
Davon, dass neben übertretenden Gewässern auch steigende Grundwasserpegel eine immer größere Gefahr für Gebäude sind, berichtet  Diplom-Geologe Stefan Schulze. Der Geschäftsführer des Berliner Ingenieurbüros für Grundwasser und Boden, kurz IGB GmbH, führt den Juli vergangenen Jahres als Beispiel an. Schon damals gab es in Deutschland an nur einem Wochenende mehr als 150.000 Blitzeinschlägen und einen Rekord in Sachen Wassermassen und Schäden. Schulze erinnert daran, dass steigendes Grundwasser und Starkregen an besagtem Wochenende innerhalb weniger Minuten ganze Straßen und Autobahnabschnitte überfluteten und zahllose Keller und Gebäude mit Wasser füllten. Nach Ereignissen dieser Art, können die Grundwasserstände noch in den Folgetagen ansteigen.

„Wer bereits bei der Bauausführung die Keller sorgsam abgedichtet hat, kann dennoch von Grundwasserschäden betroffen werden“, warnt der Geologe. Bauseitig ist dieses Problem kaum zu bewältigen und selbst bei vormals trockenen Häusern, können sich im Nachhinein Feuchteschäden zeigen. Wenn weniger Infrastruktur benötigt wird, weil zum Beispiel Gewerbe- gebiete stillgelegt werden oder die Bevölkerung abwandert, sinkt der Wasserverbrauch. Das wiederum lässt den Grundwasserpegel manchmal erst nach Jahren ansteigen. „Hier setzen wir mit Berechnungsmodellen zur brunnenseitigen Grundwasserabsenkung an. Als mögliche Lösung können spezielle Brunnensysteme helfen und den Pegel stabil halten“, erklärt Schulze.

Während der Grundwasserspiegel steigt, nimmt auch die Bodenfeuchtigkeit zu, genau wie die Menge nicht stauenden Sickerwassers. Man spricht hier von Kapillarwasser, das nach Niederschlägen in wasserdurchlässige Schichten eindringt und keinen Druck ausübt. „Fehlt eine ausreichende Kellerabdichtung, kann das über die Kellerwände eindringende Wasser zu Feuchteschäden wie Durchnässung, Schimmelbildung sowie Salzausblühungen führen“, warnt Schulze. Hier können nachträgliche Abdichtungen oder Drainagesysteme an der Gebäudesohle Abhilfe schaffen.

Bessere Prognosen
Dass sich Hochwasser auch auf den Grundwasserspiegel auswirkt, beobachtet die Vereinigung HochwasserKompetenzCentrum in Köln seit Jahren. Der Verein hat reagiert und entwickelt in Zusammenarbeit mit der Hochschule RWTH Aachen, der Hochwasserschutzzentrale Köln und der RheinEnergie AG ein gekoppeltes zweidimensionales Modellverfahren, das künftig als Prognosesystem dienen soll. Dieses Modell wird so entwickelt, dass es nicht nur in Köln, sondern in jeder anderen Stadt und Gemeinde einsetzbar ist. Sobald die jeweiligen ortsspezifischen Daten in das Modell eingelesen sind, sollen Prognosen künftig leichter fallen und der Schutz vor Hochwasser dürfte besser planbar sein.

Diesen Text verfasste Uwe Manzke für das greenhome Magazin

Fotos: GDV

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