Mein Strom wird smart

Wenn die Sonne scheint, startet das Haus seine Arbeit. Die Spülmaschine beginnt zu spülen, der Wasserspeicher erwärmt sich und das Elektroauto tankt den eigenen Strom. Möglich macht es ein smarter Energiemanager, der Ihr Zuhause mit der Photovoltaik-Anlage verbindet und Ihren selbstproduzierten Strom optimal nutzt.

von Andreas Frank

Lange musste man sich wenig Gedanken über den Strom der Photovoltaikanlage (kurz PV-Anlage) machen. Alles ins öffentliche Stromnetz einspeisen, war die Devise, denn der Staat unterstützte die Produzenten mit einer hohen Einspeisevergütung. Wer 2008 eine PV-Anlage auf dem Dach installierte, bekam 46,75 Cent pro kWh für den eingespeisten Strom. Und das garantiert für die nächsten 20 Jahre. Der Preis für den eingespeisten Strom lag deutlich über dem Preis, den man für Strom bezahlen musste. Es war deutlich günstiger, den Strom ins öffentliche Netz einzuspeisen, als ihn selbst zu verbrauchen.

Ein ganz anderes Bild heute. Wer im Juni 2018 eine neue Photovoltaikanlage installiert, bekommt nur noch 12,20 Cent pro kWh für seinen Strom. Strom aus dem öffentlichen Netz kostet dagegen durchschnittlich 29,4 Cent pro kWh, also mehr als das Doppelte. Es ist also weitaus günstiger, den produzierten Strom selbst zu verbrauchen. Das Problem nur: Häufig liefert die Photovoltaik-Anlage dann Strom, wenn man keinen braucht. Oft tagsüber, wenn die Sonne scheint, aber niemand zu Hause ist.

Ein weiteres Problem: Photovoltaikanlagen dürfen nicht mehr als 70 Prozent ihrer Maximalleistung ins Stromnetz einspeisen, wenn der Netz-betreiber nicht die Möglichkeit besitzt, die Einspeisung bei Bedarf zu begrenzen. Deshalb regeln Photovoltaikanlagen häufig konstant bei 70 Prozent ab. Dadurch nutzt man den Strom nicht, den die PV-Anlage darüber hinaus produzieren könnte. Es geht jedoch auch anders: Wenn sich bei hoher Stromproduktion automatisch Stromverbraucher im Haus einschalten, sodass die Einspeisung ins öffentliche Netz die 70 Prozent nicht übersteigt.

Stromproduzenten und -verbraucher verbinden

Deshalb geht es bei einer PV-Anlage häufig darum, Stromverbraucher in Abhängigkeit von der Stromproduktion zu nutzen. Damit das automatisch funktioniert, muss die PV-Anlage als Stromerzeuger mit den Verbrauchern kommunizieren. Nur so kann eine intelligente Steuerung festlegen, wie die Verbraucher bei niedriger oder hoher Stromproduktion reagieren.

Eine einfache Möglichkeit, die PV-Anlage in die Steuerung zu integrieren: Ein verbundener Stromzähler misst, wie viel Strom die Anlage produziert. Es gibt jedoch auch PV-Anlagen mit einem Wechselrichter, der den Ertrag gleich selbst der Steuerung mitteilt.

Geschirrspüler und Waschmaschine smart steuern

Bei den Stromverbrauchern ist es sinnvoll, sich vor allem auf die großen Konsumenten im Haus zu konzentrieren. Es lassen sich jedoch nicht alle einfach zu einem bestimmten Zeitpunkt einschalten. Kühlschrank und Gefrierschrank müssen in der Regel ununterbrochen laufen. Auch beim Elektroherd gibt es wenig Optimierungspotenzial, da man kaum das Kochen auf eine andere Zeit verschiebt, etwa wenn die Sonne scheint.  Anders sieht es bei Haushaltsgeräten wie Waschmaschine, Trockner und Spülmaschine aus. Sie können tagsüber bei Sonnenschein laufen, sodass sie fertig sind, wenn Sie abends nach der Arbeit nach Hause kommen.

Um die Geräte ins Energiemanagement zu integrieren, können Sie sich vernetzte Haushaltsgeräte kaufen, wie sie Miele und Bosch anbieten. Dabei handelt es sich oft um Premium-Produkte im höheren Preisbereich. Sich neue Geräte allein zur Eigenverbrauchsoptimierung anzuschaffen, macht jedoch wenig Sinn. Das bedeutet jedoch nicht, dass Sie auf die intelligente Steuerung der Haushaltsgeräte verzichten müssen. Es genügen häufig vernetzte Schaltsteckdosen, an die Sie die Geräte anschließen können und die mit dem Energiemanager kommunizieren.

Einfache Integration über Schaltsteckdosen

Die verbundenen Schaltsteckdosen nur einzuschalten, wenn genügend Strom von der PV-Anlage zur Verfügung steht, reicht jedoch häufig alleine nicht. Denn viele Waschmaschinen und Spülmaschinen starten nicht einfach ihr Programm, wenn man ihnen Strom gibt.

Einige Energiemanagementsysteme können dieses Problem umgehen. Verbundene Schaltsteckdosen messen den Stromverbrauch des angeschlossenen Geräts. Starten Sie den Waschgang einer Spülmaschine, bemerkt es die Schaltsteckdose aufgrund des höheren Stromverbrauchs und unterbricht die Stromzufuhr. Produziert die PV-Anlage später ausreichend Strom, bekommt die Schaltsteckdose den Befehl, die Spülmaschine wieder mit Strom zu versorgen und die Waschmaschine setzt den Waschgang fort.

„Das ist möglich, da Spülmaschinen und Waschmaschinen häufig eine Erinnerungsfunktion haben und sich das bereits gestartete Programm merken, wenn die Stromzufuhr unterbrochen wird“, erklärt Dr. Folke Mitzlaff, Produktmanager Energiemanagement bei SMA. Ob Ihre Haushaltsgeräte diese Funktion besitzen, können Sie leicht ausprobieren, indem Sie einen Waschgang mit ihrer Spülmaschine starten, den Stromstecker ziehen und beim Wiedereinstecken überprüfen, ob die Maschine den Waschgang fortsetzt.

Strom in Wasser speichern

Wer mit einer Wärmpumpe heizt, hat eine weitere Möglichkeit, seinen Eigenverbrauch zu optimieren. Die Wärmepumpe kann Wasser in einem Pufferspeicher tagsüber erwärmen, wenn die Sonne scheint. Abends können Sie das Wasser zum Heizen der Räume oder fürs Duschen verwenden. Dafür muss die Wärmepumpe jedoch in der Lage sein, mit dem Energiemanager zu kommunizieren –was nicht immer möglich ist. Denn nicht alle vernetzten Wärmepumpen harmonieren mit allen Energiemanagern. Einen Hinweis darauf, dass sich eine Wärmepumpe grundsätzlich mit einem Energiemanager verbinden lässt, gibt das SG Ready-Label (Smart Grid).

Wer keine Wärmepumpe besitzt, kann darüber nachdenken, einen Heizstab in einen Wasserpufferspeicher einzubauen, um so den PV-Strom zu nutzen. Jedoch arbeitet ein Heizstab bei Weitem nicht so effizient wie eine Wärmepumpe. Dafür sind solche Heizstab-Lösungen weitaus günstiger. Heizstäbe gibt es schon für unter 100 Euro. Außerdem lassen sie sich einfacher in ein Energiemanagement integrieren. Zum Teil genügt dafür eine vernetzte Schaltsteckdose.

Eigenen Strom tanken

Ein weiterer Energie-Großverbraucher steht mit dem Auto in Ihrer Garage. Und wenn es mit Strom betrieben wird, sollte es sich bei Ihrem PV-Strom bedienen, um Kosten zu sparen. Damit der Autoakku möglichst mit eigenem Strom geladen wird, kann sich ein Energiemanager  darum kümmern. Indem er beispielsweise die Menge des produzierten Stroms mit dem Ladestrom des Autos abstimmt. Er verhindert also, dass wenn die PV-Anlage nur 4kW produziert, das E-Auto mit 11 kW tankt und zusätzlich 7 kW aus dem öffentlichen Stromnetz zieht.

Die Kommunikation, wie viel Strom das E-Auto laden soll, erfolgt vor allem über die Ladestation des Autos. Hier gilt wie bei der Wärmepumpe: Nicht alle Ladestation arbeiten mit allen Energiemanagern zusammen.

Der nächste Schritt ist, dass der Strom vom Auto wieder ins Haus zurückfließt. Folke Mitzlaff von SMA schränkt jedoch ein: „Das Auto als mobilen Speicher für den PV-Strom zu nutzen, geht momentan noch in den seltensten Fällen.“ Denn dafür müssen sowohl Ladestation als auch E-Auto bidirektionales Laden unterstützen. So wäre es möglich, dass der Strom der PV-Anlage den Akku des Autos am Wochenende tagsüber volllädt, wenn die Sonne scheint.

Unter der Woche fließt dann am Abend der Strom langsam wieder zurück ins Haus, wenn kein selbsterzeugter vom Dach zur Verfügung steht.

Batteriespeicher einbinden

Wer also heute den eigenen Strom speichern will, um ihn später zu nutzen, hat meist nur eine Möglichkeit: einen extra Batteriespeicher fürs Haus. Er gehört zwar zu den teuersten Optionen, um den Eigenverbrauch zu optimieren, dafür ist es auch am effektivsten. Wie weit sich der Eigenverbrauch dadurch erhöhen lässt, hängt vom eigenen Stromverbrauch, der installierten PV-Leistung und dem persönlichen Verhalten ab.

Welche Eigenverbrauchsquote man durch einen Batteriespeicher in etwa erwarten kann, lässt sich zum Beispiel über den Unabhängigkeitsrechner der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) herausfinden unter: pvspeicher.htw-berlin.de/unabhaengigkeitsrechner. Ohne Batteriespeicher lässt sich nach dessen Berechnung 34 Prozent des produzierten PV-Stroms selbst nutzen, wenn der Jahresverbrauch bei 6.000 kWh liegt und die PV-Anlage eine Nennleistung von 5 kWp besitzt. Kommt ein Batteriespeicher mit einer nutzbaren Speicherkapazität von 5 kWh dazu, erhöht sich demnach der Eigenverbrauchsanteil auf 63 Prozent und damit fast auf das Doppelte.

Ein Stromspeicher macht ein intelligentes Energiemanagement nicht überflüssig. Man nehme nur unser Beispiel. Bei einem Eigenverbrauchsanteil von 63 Prozent fließen immer noch 37 Prozent des eigenen Stroms ins öffentliche Netz. Und diese 37 Prozent gilt es zu reduzieren. Dabei hilft es, den Strom aus dem Batteriespeicher möglichst effizient zu nutzen. Schlecht wäre es beispielsweise, wenn der Geschirrspüler bereits am Abend läuft und den Strom des Batteriespeichers nutzt, der Strom dann aber später am Abend fürs Fernsehen fehlt und Strom aus dem öffentlichen Netz zugekauft werden muss.

In diesem Fall wäre es besser, wenn die Spülmaschine erst am Morgen danach zu laufen beginnt, wenn wieder Strom vom Dach zur Verfügung steht. Genauso wäre es ungünstig, wenn ein E-Auto am Abend den kompletten Strom aus der Batterie saugt und nichts mehr fürs Haus bleibt, obwohl man am kommenden Tag überhaupt keinen vollen Auto-Akku für eine weite Strecke braucht.

Am besten wäre es also, wenn ein Energiemanagement einerseits weiß, wie der Wetterbericht aussieht und damit welche Stromproduktion zu erwarten ist. Andererseits sollte es das Verhalten der Bewohner voraussehen können. Genau dazu sind intelligente Energiemanager in der Lage. Sie wissen, wie viel Strom der Haushalt am Abend gewöhnlich braucht und wann am kommenden Tag das nächste Mal die Sonne scheint und planen die Nutzung des PV-Stroms entsprechend.

Keinen Strom wegwerfen

Ein weiterer Grund, warum ein Batteriespeicher ein Energiemanagement nicht überflüssig macht: Wer eine KfW-Förderung für seinen Batteriespeicher in Anspruch nimmt, muss bei der Einspeisung noch strengere Regeln erfüllen als  bei einer reinen PV-Anlage. In diesem Fall darf nicht mehr als 50 Prozent der Maximalleistung der PV-Anlage ins Stromnetz wandern. Ohne Energiemanager könnte es zum Beispiel passieren, dass Sie um die Mittagszeit die 50 Prozent überschreiten, weil die Sonne besonders stark scheint und der Stromspeicher keine Kapazität mehr besitzt. Um das zu verhindern, könnte ein Energiemanager anhand der Wetterprognose festlegen, dass der Strom der PV-Anlage am Vormittag noch nicht in den Speicher fließen soll, sondern zunächst ins öffentliche Netz. Am Mittag besitzt der Speicher dann noch ausreichend Platz für den überschüssigen PV-Strom.

Solch weitreichende Möglichkeiten beim Energiemanagement bringen vor allem spezialisierte Lösungen mit wie beispielsweise die Energiemanager von SMA und Kiwigrid. Sie sind besonders gut darin, nicht nur den aktuellen Stromverbrauch und die -produktion zu messen, sondern sie auch vorherzusagen.

Aber schon allein die Produktion und den Verbrauch zu überwachen, hilft den eigenen Strom effizienter zu nutzen. Indem man analysiert, wie viel die PV-Anlage bei mehr oder weniger Sonnenschein produziert, lernt man viel über die eigene Anlage und kann die Produktion besser vorhersagen. Genauso ist es beim Verbrauch. Über eine Verbrauchsanzeige erhält man schnell ein gutes Gespür dafür, wie viel Geschirrspüler und Waschmaschine verbrauchen und welche Menge man tagsüber und abends an Strom benötigt. Mit diesem Wissen und der Wettervorhersage können Sie beispielsweise morgens einen Timer für den Geschirrspüler stellen, damit er mit dem Waschgang beginnt, wenn viel PV-Strom zu erwarten ist. Ein Analyse-Tool für die Stromproduktion und den -verbrauch erhalten Sie beispielsweise mit dem Kauf von Wechselrichtern von Fronius in Form des Datamanagers 2.0 oder bei PV-Anlagen der MEP-Werke (siehe auch Kasten „Photovoltaikanlage mieten“).

Auch universell nutzbare Smart-Home-Systeme, die ebenfalls Licht, Rollläden und Heizung steuern, lassen sich zum Energiemanagement verwenden. Doch nicht alle Systeme und häufig nur mit beschränkten Möglichkeiten, vor allem wenn es um die Verbrauch- und Produktionsprognose geht. Hier kann es passieren, dass die Steuerung der Verbraucher einzig darüber erfolgt, wie viel Strom die PV-Anlage gerade produziert und wie viel Strom sich im Batteriespeicher befindet. Smart-Home-Systeme mit Energiemanagement-Funktionen finden Sie beispielsweise bei Herstellern wie Loxone, MyGekko, Gira, Jung oder Busch-Jaeger.

Einen Schritt weiter will innogy in der nahen Zukunft mit seinem Smart-Home-System gehen, mit dem sich ein spezialisierter Energiemanager in die Haussteuerung einbinden lässt. „Dadurch sind wir nicht nur in der Lage, eine große Auswahl an PV-Anlagen und Batteriespeichern zu integrieren, sondern wir können beim Energiemanagement auch die Produktions- und Verbrauchsprognose berücksichtigen“, erklärt Tobias Zierdt, Leiter Produktmanagement bei innogy. Mit diesem Angebot wären sie ziemliche allein. Heute ist die Situation häufig so, dass sich nur bestimmte Produkte in einem Energiemanagement- oder Smart-Home-System miteinander verbinden lassen. Deshalb kommt man kaum ohne einen versierten Experten aus. Er weiß, welche PV-Anlagen, Batteriespeicher, Heizungen und Haushaltsgeräte sich zu einem System verbinden lassen, um den selbstproduzierten Strom optimal zu nutzen. Und um vielleicht einmal komplett unabhängig vom öffentlichen Stromnetz zu sein.

Photovoltaikanlage mieten

Die Installation einer PV-Anlage verschlingt schnell einige Tausend Euro. Diese hohen Investitionskosten können Sie sich sparen, indem Sie eine PV-Anlage ab 49 Euro pro Monat von den MEP-Werken mieten. Dafür erhalten Sie eine Anlage mit einer Maximalleistung von 2 kWp. Per Smartphone oder Computer können Sie überwachen, wie viel Strom gerade produziert, im Haus verbraucht, ins Netz eingespeist und vom Netz zugekauft wird. Auch eine Analyse der Energieflüsse in der Vergangenheit ist möglich. So können Sie Ihr Verhalten analysieren, anpassen und große Verbraucher zu Zeiten mit hoher Stromproduktion nutzen. In Zukunft wollen die MEP-Werke auch vernetzte Haushaltsgeräte, Ladestationen und E-Autos anbieten, um den Eigenverbrauch vom selbstproduzierten Strom weiter zu optimieren.

Kiwigrid inside

Nicht jeder Hersteller will oder kann einen Energiemanager komplett selbst entwickeln. Muss er auch nicht. Das Dresdner Unternehmen Kiwigrid bietet White-Label-Lösungen an, die ihre Kunden nutzen können. Zu den Kunden zählen Energieversorger, Hersteller von PV-Anlagen und Batterie- speichern, Automobil- hersteller und Telekommunikationsunternehmen. Konkrete Energie- management-Lösungen hat Kiwigrid bereits entwickelt, zum Beispiel mit Partnern wie Sharp, E.ON, enviaM, Solarwatt und BMW. Weitere stehen in der Pipeline.

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