Vom Schatz im Bodensee

Die Zukunft der umweltfreundlichen Energiespeicherung? Eine hohle Betonkugel mit drei Metern Durchmesser könnte dafür die Zukunft sein, berichten Lichtblick und der WWF.

Das Objekt, das die Forscher vom Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik im Frühjahr 2017 aus dem Bodensee fischten, sah skurril aber doch eher unscheinbar aus: Eine hohle Betonkugel mit drei Metern Durchmesser, die die Kasseler Wissenschaftler drei Monate zuvor versenkt hatten. Doch die Kugel hat es in sich. Sie ist der Prototyp eines neuen Energiespeichers.

Die Speicherung von überschüssigem Strom ist eine der großen Herausforderungen der Energiewende. Solaranlagen und Windräder produzieren nicht unbedingt dann den meisten Strom, wenn auch die Nachfrage am größten ist. Deshalb liegt es nahe, die Energie zwischen zu speichern. Bislang erledigen diesen Job vor allem so genannte Pumpspeicherkraftwerke. Das sind zwei miteinander gekoppelte künstliche Seen. Einer davon liegt im Tal, der andere in der Regel mehrere hundert Meter höher. Besteht nun eine Überproduktion von Strom, pumpt man das Wasser vom unteren in das obere Bassin. Wird zusätzlich Energie benötigt, lässt man das Wasser über Rohrleitungen wieder ab und treibt den Wassermassen eine Turbine an, die wiederum Strom erzeugt.

Pumpspeicher zerstören Naturlandschaften

Der Deutschen Energieagentur zufolge waren 2017 in Deutschland rund 27 solcher Kraftwerke. Zusammen genommen leisten sie knapp sieben Gigawatt, was der Leistung von vier bis fünf Atomkraftwerken entspricht, wenn auch nur für einen Durchlauf von maximal etwa acht Stunden. Allerdings ist ein Ausbau nur begrenzt möglich. Pumpspeicher brauchen viel Platz und zerstören wertvolle Naturlandschaften. Ein Grund, warum Bürgerinitiativen oft Sturm gegen neue Anlagen laufen. Zudem finden sich die Anlagen meist in den süddeutschen Mittelgebirgen, wohingegen der meiste Windstrom an der Küste erzeugt wird.

Je größer der Anteil an erneuerbaren Energien im Strommix ist, desto mehr Speicher wird benötigt. Die Denkfabrik Agora Energiewende geht davon aus, dass die Speicher aktuell noch ausreichen, aber zusätzliche Speicher ein wichtiges Element der Energiewende werden müssen. Die vorhandenen Pumpspeicher können etwa 8 Terawattstunden Strom im Jahr bereitstellen. Gebraucht werden mittelfristig ungefähr 50 Terawattstunden, meint Ulrich Schubert, der Direktor des Zentrums für Energie und Umweltchemie in Jena.

Sind Betonkugeln die Lösung?

Genau hier kommen die Betonkugeln vom Bodensee wieder ins Spiel. Sie funktionieren wie ein Pumpspeicherkraftwerk. Ist genug Energie da, pumpt man die Kugeln leer. Braucht man den Strom, werden die Ventile geöffnet und die einströmenden Wassermassen betreiben eine Turbine. Am effektivsten ist das in Wassertiefen von 600 bis 800 Metern. Der Bodensee kommt also eher nicht als Energiespeicher der Zukunft in Frage. Zudem ist die drei Meter große Kugel erst eine Art Versuchsballon. Nachdem klar ist, dass das Prinzip funktioniert, bauen die Forscher aus Kassel bereits an einer zehnmal so großen Kugel.

Davon sollen dann in nicht allzu ferner Zukunft 200 Exemplare mit einer Kapazität von je 20 Megawattstunden zu einem riesigen Speicher am Meeresgrund gekoppelt werden. Dann könnte eine solche Anlage auch wirtschaftlich betrieben werden Projektleiter Matthias Puchta vom Fraunhofer Institut rechnet damit, dass mit einer solchen Anlage Strom für zwei bis vier Cent pro Kilowattstunde erzeugen zu können.
Die Suche nach dem richtigen Standort

Deutschland kommt als Standort wohl eher nicht in Frage. Nord- und Ostsee sind zu flach. Mögliche Standorte gäbe es an vor Norwegen, in Spanien oder in Japan.

Hierzulande wird man andere Lösungen suchen müssen. Interessant sind zum Beispiel Kavernen, also große unterirdische Hohlräume in Salzgestein. Sie wurden bislang als Lagerstätten für die sogenannte strategische Reserve von Öl und Gas genutzt. Der norddeutsche Versorger ewe will hier die „größte Batterie“ der Welt bauen. Man setzt dabei auf die sogenannte Redox-Flow-Technik. Dabei wird elektrische Energie in einer Elektrolyt-Flüssigkeit gespeichert. Nachteil der Technik war bislang, dass man als Elektrolyt umweltgefährdende Schwermetallsalze einsetzen musste. Diese will man durch in Salzwasser gelöste recycelbare Polymere ersetzen. Dieses Verfahren wurde von Forschern der Friedrich-Schiller-Universität Jena entwickelt. Wenn alles gut geht, soll die Anlage schon 2023 fertig sein und genug Energie speichern, um eine Stadt wie Oldenburg einen Tag zu versorgen. Vom Bodensee berichtete Jörn Ehlers für den WWF Deutschland.

Bilder und weitere Informationen unter energiewendebeschleunigen.de

 

 

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