Saubere Luft zu Hause

Air–Produkte sind eine erstaunliche Erfindung. Auf den ersten Blick ganz normale Materialien oder Produkte haben sie einen positiven Zusatzeffekt: Sie reinigen – ganz nebenbei – die Luft.

Mal ist sie zu dünn, meist aber zu dick. So rein, wie sie sein sollte, ist sie jedenfalls selten: Die Luft, die wir atmen. Pollen, Feinstaub oder Schadstoffe aus Farben, Reinigern oder Tabakrauch verschmutzen sie. Allein der Rauch von zwei Zigaretten etwa erhöht die Formaldehydkonzentration in einem 30 Kubikmeter großen Wohnraum um 0,1 Milligramm pro Kubikmeter. Weitere Gefahr droht durch Schimmel. Gerade in gut gedämmten Häusern, wie sie die Energieeinsparverordnung vorschreibt, findet von allein kein ausreichender Luftaustausch mehr statt, der Schimmel auslösenden Wasserdampf abtragen könnte. Und davon entstehen allein in einem 4-Personen- Haushalt jeden Tag immerhin rund 15 Liter durch Kochen, Duschen und Atmen. Die Folgen von schlechter Luft sind allgemein bekannt: Antriebsschwäche, Atembeschwerden, Müdigkeit oder Kopfschmerzen, schlimm-stenfalls sogar Atemwegserkrankungen oder Ver- giftungen. Doch wie verschafft man sich nun richtig Luft? Fachleute empfehlen, die Fenster alle drei Stunden für fünf Minuten auf Durchzug zu stellen. So kann sich die frische Luft am besten in der gesamten Wohnung verteilen. Gekippte Fenster bringen wenig, weil dadurch nur eine leichte Luftverwirbelung am
Fenster entsteht.

So oder so: Die Energiebilanz des Hauses wäre dahin, die Wirkung der teuren Dämmmaßnahmen verfehlt. Auch wer kein Energiesparhaus bewohnt, kann jetzt nicht aufatmen, ihm könnte die Tatsache zu denken geben, dass die Hälfte der in Gebäuden entstehenden Energieverluste beim Lüften verursacht werden. Wieder andere können gar nicht lüften, weil die Luft draußen schlechter ist als drinnen – aufgrund von Feinstaub, Abgasen oder Pollen. Nicht zu reden von Lärm an Baustellen, Straßen oder Einflugschneisen. Abhilfe schaffen in den genannten Fällen Lüftungssysteme und Wohnmaterialien, wie Farben, Teppiche oder Vorhänge, die speziell dazu entwickelt wurden, Schadstoffe in der Luft abzubauen. Einige dieser Luftreiniger machen sich das Wissen der Nanotechnologie zunutze, andere die Wirkprinzipen der Natur. Fest steht: Was gestern noch nach Science Fiction klang, gibt es heute schon im Handel.
Wir stellen die wichtigsten Produkte vor.

Protectin: Saubere Luft dank Schafwolle
Es mag erstaunlich klingen, ist aber Tatsache: Schafwolle reinigt die Luft! Die in ihrer Faser enthaltene Eiweißsubstanz besitzt reaktive Aminosäureketten, die Schadstoffmoleküle und unangenehme Gerüche in sehr hohen Konzentrationen anlagern und in unschädliche Stoffe umwandeln. Zahlreiche Firmen nutzen dieses Wirkprinzip für ihre Produkte. Die Firma Renopan etwa bietet ein Vlies, ein spezielles Gewirk aus komprimierter Schafwolle, das selbst unter der Oberfläche von Wänden, Decken oder Fußböden angebracht, die Luft rein halten soll. „Die Schadstoffe werden von der Proteinfaser aufgenommen und in einer chemischen Reaktion in ihre Struktur eingebaut. Dort reagieren sie mit Bestandteilen des Wollproteins und werden neutralisiert“, verspricht der Hersteller. Die schädlichen Stoffe werden also nicht nur eingelagert, sondern wirklich beseitigt.

Auch die Greenline-Rigipsplatten der Firma Fermacell nutzen die reinigenden Eigen- schaften der Schafwolle. Hier sind die Plattenoberflächen mit dem Wirkstoff auf Keratinbasis beschichtet, die die Schadstoffe aufnehmen und binden. Fermacell Greenline. funktioniert auch unter Anstrichen und Wandbelägen, verspricht das Unternehmen. Diese sollten allerdings diffusionsarm sein. Wer nicht gleich komplett renovieren will, kann die Raumluftabsorber der Firma Renopan im Innenraum anbringen. Oder er greift auf die Laminat- und Parkettböden oder Wand- und Deckenpaneele der Firma Parador zurück. An der Längskante dieser Pro-Air-Dielen ist ein Protectin-Depot integriert. Durch die Zirkulation der Raumluft gelangen so Schad- und Geruchsstoffe über die Fugen mit dem Depot in Berührung und werden dort unschädlich gemacht. Dank der Bewegung reinigt sich die Luft also selbst.

Titandioxid: Saubere Luft dank Nanotech
Als Farbpigment gehört Titandioxid zu unseren ständigen Begleitern. Seit fast einem Jahrhundert ist es als Titanweiß auf dem Markt – ein weißer Farbstoff, der aus natürlich vorkommendem Titan, einem Metall, gewonnen wird und in Kaugummis, Zahnpasta und Wandfarben zum Einsatz kommt. Dank Nanotechnologie kann das Pigment nun nicht nur weiß strahlen, sondern nebenbei die Luft reinigen. „Durch katalytische Reaktionen werden schädliche Luftbestandteile gebunden und in normale Luftbestandteile verwandelt“, sagt Franz Dörner von der Firma Caparol, die mit Capasan eine luftreinigende Innenfarbe bietet, deren Wirksamkeit wissenschaftlich geprüft ist. Das Wilhelm-Klauditz-Institut der Fraunhofer-Gesellschaft bestätigte: „Im Versuch zeigte das photokatalytisch wirksame Produkt Capasan eine sehr hohe Effizienz, Formaldehyd irreversi- bel aus der Luft zu entfernen.“ Die Wirkweise, so verspricht Dörner, halte über Jahre hinweg in gleicher Intensität an. Auch in der Airclean-Farbe von Alpina oder in Airfresh von Maxit kämpft das Pigment für reine Luft. Das Prinzip der Photokatalyse lässt sich sowohl in Innenräumen als auch im Außenbereich einsetzen. So kommt das Pigment auch in Dach- und Pflastersteinen zum Einsatz.

„Mithilfe von Sonnenstrahlen wandeln die Nanopartikel im Beton schädliche Stickstoffoxide aus der Luft zu Nitrationen um, die mit dem Regenwasser von der Dachfläche abgespült werden“, sagt Rudolf Rauss, Geschäftsführer der Firma Braas, die luftreinigende Dachsteine herstellt.
Die mineralische Oberfläche der Steine nutze sich nicht ab und halte Wind und Wetter jahrzehntelang stand. Eine Dachfläche von 200 Quadratmetern zer- setze so jedes Jahr die Menge Stickoxide, die ein PKW mit Euro-4-Norm durchschnittlich auf rund 17.000 km erzeugt, verspricht Rauss.

Neben diesen umweltaktiven Eigenschaften seien bei der Photokatalyse auch selbstreinigende Effekte beobachtet worden. Algen und Flechten, die häufig Dächer befallen, werden durch die neue Beschichtung zersetzt und mit dem Regen abgewaschen. Neben Braas stellt auch Nelskamp Dachsteine her, die mit nanokristallinem Titandioxid durchsetzt sind, ebenso wie die erfolgreichen Air Clean-Pflastersteine von Nüdling. Allerdings, so warnt das Umweltbundesamt, seien die Wirkungen der Nanomaterialien in der Umwelt und mögliche gesundheitliche Risiken für den Menschen noch unzureichend erforscht. Es bestehe die Gefahr, dass Partikel bis tief in die Lunge vordringen und dort Entzündungen auslösen. Erste Praxistests bescheinigen dieser möglichen Wirkung jedoch Unbedenklichkeit.

Lüftungssysteme: Wirksamer Schutz
rchitekten empfehlen für Energiesparhäuser ein Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung. „Dies beugt Schimmel am wirksamsten vor“, sagt Theresa Keilhacker, Vorsitzende des Ausschusses für nachhaltiges Bauen an der Berliner Architektenkammer. Lüftungssysteme sind die beste Möglichkeit, für frische Luft in gleichzeitig wohltemperierten Räumen zu sorgen. Noch dazu werten sie jede Immobilie auf, weil sie die Bausubstanz vor Feuchte schützen und langfristig Heizkosten sparen.

Durch die Wärmerückgewinnung können die Wärmeverluste durch Lüften um bis zu zwei Drittel reduziert werden. „Bei guter Dämmung können so rund 60 Prozent der Heizkosten eingespart werden“, sagt Steffen Jauch, Sprecher des Lüftungsanlagenherstellers Helios. Und wie funktioniert die Wärmerückgewinnung? Ein Wärmetauscher entzieht der verbrauchten Luft kontinuierlich die Wärme und überträgt diese an die frische Außenluft, die als vorgewärmte und gefilterte Zuluft in die Wohnräume transportiert wird. Die entwärmte Abluft wird durch einen Dach- oder Wandauslass ins Freie abgeführt. Diese Frischluftsysteme, wie sie auch die Firma Pluggit bietet, können mit einem vorhandenen Heizsystem kombiniert werden. Es gibt aber auch Elemente, die Frischluftzufuhr und Wärmeübertragung verbinden. Von der kompletten Anlage sei dabei kaum etwas zu sehen und zu hören, so Steffen Jauch. Das System benötige nur wenige Luftein- und auslässe, die sich problemlos in die Wand, die Decke oder den Boden integrieren lassen. Die Intensität des Luftstroms wird mit einer Fernbedienung geregelt.

Auch mit einem Kamin lässt sich die kontrollierte Wohnraumlüftung gut verbinden. Dieser muss jedoch unabhängig von der Raumluft arbeiten, da die modernen Lüftungssysteme Unterdruck erzeugen können und so möglicherweise giftige Rauchgase aus dem Kamin in den Wohnraum gelangen. Raumluftunabhängige Kamine, wie sie etwa der Hersteller Spartherm bietet, sind sogar so dicht, dass gar kein Luftaustausch zwischen Kamin und Wohnraum mehr stattfindet. Diese Öfen beziehen ihre Verbrennungsluft über eine separate Leitung aus dem Kel- ler oder aus der Außenluft, Rauch und Gase fließen durch eine Abgasleitung direkt ins Freie.
Wer nicht neu bauen oder sein Haus sanieren will, findet sowohl bei Pluggit als auch Helios Luftfiltersysteme zum Nachrüsten. Diese Kompaktgeräte mit Rotations-Wärmetauscher können Räume mit einer Größe von bis zu 100 Quadratmeter be- oder entlüften. Sie werden raumsparend in Flur, Keller oder auf dem Dach installiert. Auch die Integration in eine Einbauküche ist möglich. Die Lüftungskanäle werden an der Decke verlegt und dank spezieller Stuckleisten unsichtbar. Die Firma Daikin bietet außerdem Klimaanlagen mit integriertem Luftfilter.

Besonders schön: Bund und Länder unterstützen die Bauherren nicht unbeträchtlich beim Einsatz der kontrollierten Wohn- raumlüftung mit Wärmerückgewinnung durch lokale und bundesweite Fördermaßnahmen etwa durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau.

Das könnte dich auch interessieren …

Eine Antwort

  1. Wollfreund sagt:

    Es ist tatsächlich wissenschaftlich untersucht, daß Schafwolle die Eigenschaft hat Schadstoffkonzentrationen zu reduzieren. Das Ausmaß der Verbesserung hängt aber mehr von Substanz und der jeweiligen Situation ab als von einem speziellen Material. Ein Wollteppich – sofern sein Mottenschutz frei von gesundheitlich bedenklichen Substanzen ist – kann insofern genausoviel positiven Effekt haben wir ein Raumluftabsorber. Für ein optimales Ergebnis muß die Quelle der Belastung bekannt sein und durch ein Schafwollmaterial vom Lebensraum abgeschottet werden. Der Königsweg wäre aber weiterhin, die Quelle der Belastung zu entfernen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert