Heizung planen

Die eigenen vier Wände zu heizen muss weder ein Kraftakt sein noch ist dazu kompliziertes Hightech wirklich notwendig. Die Zeiten, wo man mit Kanonen auf Spatzen schoss und kostbare Ressourcen unüberlegt verheizte, sind längst vorbei. Intelligente Wohnwärmekonzepte stellen den Menschen und seine Umgebung in den Mittelpunkt. Statt vom Heizen sprechen Experten heute von Wohnraumtemperierung.
Da wir uns zu mehr als 90 Prozent unseres Lebens in Gebäuden aufhalten, beeinflusst das Raumklima in unseren Wohn-, Schlaf- und Arbeitsräumen entscheidend unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit. Wenn wir uns in einem Raum wohlfühlen, erleben wir dies als thermische Behaglichkeit. Ein durchaus unterbewusstes Gefühl, das jedoch auf drei handfesten physikalischen Größen basiert: der Raumlufttemperatur, der Raumluftbewegung sowie dem Feuchtgehalt der Luft, gas- und staubförmigen Verunreinigungen inklusive sonstigen Emissionen bzw. Ausdünstungen.
Man spürt sofort, wenn zu Hause die Temperaturen zu hoch oder zu niedrig sind oder die Luftbewegung zu groß ist und wird bemüht sein, dies so zu beeinflussen, dass man sich wieder wohlfühlt. Daraus lassen sich die Prioritäten einer nachhaltigen Wohnwärmegestaltung ableiten: ein hochwertiges und gesundes Raumklima, Versorgungs- und Betriebssicherheit und das alles bei geringstem energetischem Aufwand.

Der Mensch als Wärmekörper
So individuell wohnen heute auch ist, bei den Temperaturen ticken die meisten Menschen gleich. Bei der Innenraumtemperatur fühlen wir uns um etwa 20 °C am wohlsten, warmes Wasser muss mit etwa 45 °C zur Verfügung stehen und wenn wir nicht gerade erkältet sind,  leben wir innerhalb dieser Grenzen mit einer Körpertemperatur von 36 °C. Letzteres steuert die Natur, kümmern müssen wir uns also um die Wohnraum- temperierung und die Trinkwassererwärmung. Beide Anforderungen unterscheiden sich wesentlich voneinander. Während der Trinkwarmwasser-Wärmebedarf konstant und klar definiert ist durch die durchschnittliche Warmwasserbedarfsmenge pro Tag und Bewohner, ist die Realisierung einer konstanten Innen- raumtemperatur ungleich komplexer. Sie ist nicht nur von der Temperaturdifferenz zwischen der innen- und  Außenluft (und dem daraus resultierenden Wärmegefälle durch Transmission) abhängig, sondern ebenso von den Zuständen der Luft – hauptsächlich bezogen auf Feuchtgehalt und Luftdruck, der Ausrichtung des Gebäudes, den Anteilen transparenter Flächen sowie deren Ausrichtung und die Raumaufteilung der Grundrissgestaltung. Doch damit nicht genug, auch die verwendeten Bauteile, Baustoffe und Baumaterialien sowie deren Qualität spielen bei der Frage, ob wir uns thermisch wohlfühlen eine wichtige Rolle. Somit steht fest: Die Grundlage für die Wohnraumtemperierung beginnt schon bei der Grundsteinlegung, der Ausrichtung des Gebäudes, der Baukonstruktion, der Qualität der thermischen Hülle (siehe Glossar links) und den verwendeten Materialien. Erst an letzter Stelle kommt die Technik, sprich Ihre Heizanlage.
Ausgangspunkt aller Überlegungen zur Wohnwärmegestaltung, sozusagen der Nullpunkt, ist ein ausgeglichenes Temperaturverhältnis zwischen Innenraum und Außenluft ohne Transmission. Sobald sich aber ein Temperaturunterschied einstellt, verlangt es nach Ausgleich. Je größer dieser Unterschied ist, umso mehr Aufwand ist für den Ausgleich notwendig. Dieser Aufwand kann passiv oder aktiv geschehen. Wie aktiv man werden muss, wird durch den Anteil an Hilfsenergie, Endenergie und der vorgelagerten Primärenergie (siehe Glossar links) bestimmt. Je geringer oder gleich null der notwendige Anteil an benötigter Energie ist, desto passiver und somit effizienter erfolgt dieser Ausgleich. Bei gleicher Temperatur ist also kein Ausgleich notwendig. Je größer aber der Temperaturunterschied zwischen innen und außen ist, desto größer sind die Wärmeverluste durch die thermische Hülle also die Außenwand. Durch die Bauteile des Hauses entweichende Wärme bezeichnet man als Transmissions-Wärmeverlust.

Passive Wärmenutzung

Ganz ohne Heizung und Anlagentechnik geht es bei der passiven Nutzung von Sonnenwärme. Allein die Ausrichtung des Gebäudes und die Positionierung transparenter Flächen wird dadurch bestimmt, wie gut Sonnenwärme ohne Aufwand genutzt werden kann, um den Wohnraum – auch bei niedrigen Außenlufttemperaturen –  zu temperieren. Die trockene Luft im Winter unterstützt dabei noch die Strahlungsintensität. Hinzu kommt, dass die Sonne gerade im Winter, also den Monaten der stärksten Heizperiode, horizontal zum Haus steht und so direkt auf Fenster und Glasflächen strahlen kann. Im Sommer ist hingegen eher Schatten gefragt. Schon bei der Planung kann man hier Faktoren in der unmittelbaren Umgebung des Hauses berücksichtigen. Ein großblätt- riger Kirschbaum in entsprechender Entfernung kann beispielsweise wunderbar Schatten im Sommer spenden und unter- stützt das Mikroklima in der unmittelbaren Umgebung. Im Winter lassen die kahlen Äste des Kirschbaums die Sonne horizontal in den Wohnraum eindringen. Besonders in nach Westen ausgerichteten Zimmern kommen die Bewohner dann besonders am Abend bisweilen in den Genuss des in den Wohnraum leuchtenden Abendrots.

Zählt man noch entsprechende Baumaterialien, wie beispielsweise Lehm, so erreicht man durch die zeitversetzte thermische Be- und Entladung der Lehmmasse einen Temperaturausgleich, der sich Phasenverschiebung nennt. Der Baustoff Lehm verfügt über eine sehr hohe Absorption und zugleich auch Emission von Wärme, die es erlaubt, über den Tag durch die Sonne eingefangene Wärme in den späten Abendstunden dem Wohnraum zuzuführen. Analog hierzu ermöglicht der Baustoff Lehm aber auch einen Feuchte- und Wärmeausgleich der Raumluft. Dies fördert nicht nur auf passive und vor allem natürliche Weise die thermische Behaglichkeit, sondern ebenso die Hygiene und Gesundheit der Bewohner und schützt die Bausubstanz. Wesentlich ist es also, mit der Sonne zu bauen und ihren Jahreslauf zu beachten, wie es in vielen Kulturen dieser Welt über Jahrhunderte gepflegt wurde.

Wohngesunde Baumaterialien
Es ist also wichtig, welche Baumaterialien verwendet werden. Diese sollen schließlich neben dem winterlichen auch den sommerlichen Wärmeschutz sicherstellen. Sie entscheiden maßgeblich über den Aufwand, zwischen der Tagestemperatur und kühleren Nachtstunden auszugleichen. Besonders wichtig ist diese Fähigkeit in jener Zeit des Jahres, die in unserer Klimazone gemeinhin als Übergangszeit bezeichnet wird. Dabei sind die Grenzen zwischen Übergangszeit und der sogenannten Heizperiode fließend. Während der Übergangszeit befindet man sich in einem Wärmespektrum der Außenluft von 5–15 °C. Innerhalb dieser Zeit sollte keine Zentralheizungsanlage großen Aufwand betreiben müssen. Geheizt werden muss – realistisch betrachtet – erst unterhalb von 5 °C, was beileibe aber nicht das Erreichen der sogenannten Heizperiode sein muss!

In der Praxis wird oft nur zwischen Heizperiode und Nicht-Heizperiode unterschieden. In einigen Fällen ist so auch die Heizungs-regelung eingestellt, eben auf Sommer- oder Winterbetrieb. Die Heizperiode ist jedoch sehr dynamisch und die Auslegungstemperatur (= niedrigste der Wärmebedarfsberechnung zugrunde liegende Außenlufttemperatur) markiert lediglich die Spitzenlaststunden mit Volllastbetrieb.
Passive Wärmenutzung geschieht auch durch interne Gewinne. Überschüsse werden bislang kaum genutzt, sondern wenn man es kühler haben möchte wieder vergeudet. Kühlung ist jedoch im Prinzip lediglich ein Wärmeprozess in die entgegengesetzte Richtung. Wenn es im Haus zu warm ist und Kühlbedarf besteht, kann dieser ebenso passiv durch die Verbindung mit einer entsprechenden Wärmesenke realisiert werden.
Diese bietet zudem die Möglichkeit, ein Wärmereservoir zu bedienen, das im Falle eines Wärmebedarfs als thermische Grundlage dient. Erwärmen oder Kühlen sind nur unterschiedliche Richtungen der Wärmeübertragung. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, Systeme zu wählen, die sowohl zum Erwärmen, als auch zum Kühlen eines Raumes geeignet sind. Nicht nur aus diesem Grund spricht man in der Wohnwärmegestaltung von Wohnraumtemperierung.

Ausgleich von Defiziten
Was aber geschieht, wenn die Temperaturdifferenzen zwischen Außen- und Innenluft so groß werden, dass die daraus resultierenden Wärmeverluste nicht mehr durch das Gebäude kompensiert werden können? Von alters her steht hier das Feuer an zentraler Stelle. Ob als Küchenherd oder Kachelofen im Wohnbereich, diese Tradition hat sich aufrechterhalten und weiterentwickelt. Der Markt zeigt heute eine Vielzahl von innovativen Feuerungsstätten für Biomasse. An dieser Stelle ist aber auch zu erwähnen, dass auf Billig-Kaminöfen verzichtet werden sollte, da diese durch hohe Oberflächentemperaturen und häufige Undichtigkeiten die Raumluft massiv belasten können. In den ländlichen Regionen steht fraglos das Scheitholz als regenerativer Brennstoff an erster Stelle.
Ein optimal im Wohnhaus positionierter Kachelofen würde vollkommen genügen. Bei entsprechender Wahl der Baumaterialien und hochwertiger Wärmedämmung ist der Aufwand der Brennholzzubereitung gering und lässt sich auf ein absolutes Minimum an Beschaffungskosten reduzieren. Selbst wenn regionale Dienstleister das Holz brennfertig liefern, sind die Kosten überschaubar und nachhaltig investiert, da es nicht nur regionale Wertschöpfung bedeutet, sondern auch eine funktionierende Waldbewirtschaftung fordert. In städtischen Wohngebieten bietet der Markt eine Vielzahl an Pellet-Kaminöfen, mit dem Vorteil der vollautomatischen Verbrennung von zu Pellets aufbereiteten Resthölzern. Elementar ist die Qualität der Pellets, auf deren Nachweis durch Gütesiegel zu achten ist.
Wichtig ist die Positionierung eines Kachelofens oder eines Grundofens mit einer Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten für die massive Speichermasse. Auch hier bietet sich neben Keramik einfacher Baulehm oder auch Stampflehm an. Massiv gemauerte Lehmsteine können ebenso verwendet werden.
Eine optimale Kombination entsteht in der Errichtung eines zentralen Küchenofens mit Wasser-WärmeTauscher, der auch zum Kochen und Backen genutzt werden kann.

Zentrale Heizung
Der Anspruch einer gleichmäßigen, konstanten und effizienten Wohnwärmegestaltung in allen Bereichen des Gebäudes verlangt trotzdem eine Zentralheizungsanlage, die traditionell wassergeführt ist. In einem Heizungspufferspeicher wird Wärme bereitgestellt. Wasser dient dabei nicht nur dazu Wärme zu speichern, sondern auch als Transport- und Wärmeübertragungsmedium. Vom Bereitstellungsspeicher (Hei- zungspufferspeicher) erfolgt die Wärmeverteilung im ganzen Haus. So wird selbst im hintersten Zimmer noch hochwertiger Wohnwärmekomfort sichergestellt. Sparen kann man diese Versorgung ohnehin nicht, da dies – gemäß der gültigen Energieeinsparverordnung –  Vorschrift ist. Obgleich dies nicht mehr ganz zeitgemäß ist und vielmehr der tatsächlichen Wohnsituation angeglichen werden sollte.
Ein wesentlicher Unterschied des Bauens von gestern und heute ist die Auflösung der klaren Grundrissstrukturen und Raumaufteilungen. Man wohnt heute weniger in einer Ansammlung von deutlich strukturierten Einzelräumen, sondern vielmehr in individuell angeordneten Wohnbereichen, die auch entsprechend zu regeln sind. Die Folge ist eine Wohnbereichsregelung (beispielsweise Küche, Ess- und Wohnzimmer) und natürlich auch die klassische Einzelraumregelung wie vor allem für Badezimmer und Duschbäder sowie für Schlaf- und Kinderzimmer, Arbeitsräume und untergeordnete Bereiche.

Wassergeführte Wärmeübertragungsflächen
Damit man sich auch in abseits gelegenen Räumen wohl- fühlt, empfehlen sich Strahlungsheizungen, wie Wandflächen- oder Fußleistenheizungen, bei Steinböden auch eine Fußbodenheizung. Die Vorteile von Flächenheizungen sind mannigfach. Je größer die Fläche ist, die zur Wärmeübertragung bereitsteht, desto geringer ist die notwendige Vorlauftemperatur für die Wärmeübertragung. Für eine Wandflächenheizung genügen 30 °C–40 °C in der Spitze vollkommen. Bei Fußbodenheizungen sind 35 °C der Spitzenwert. Ein weiterer Vorteil von Flächenheizungen ist, dass sie nicht sichtbar sind, deshalb nicht stören und in der Wand, im Estrich, oder in einem massiven Bauteil integriert sind und somit die Oberflächen temperieren, während das Baumaterial durchaus auch als Wärmespeicher genutzt werden kann.

Systemtemperaturen
Der Begriff Heizen ist nicht mehr zeitgemäß, da Systemtemperaturen von mehr als 45 °C zur Wohnraumtemperierung nicht nur unnötig, sondern auch nicht mehr tragbar sind, weil sie ineffizient und nicht gesundheitsfördernd bezüglich des Raumklimas sind. Höhere Temperaturen verlangen nicht nur einen höheren Bereitstellungsaufwand, sondern sie unterliegen auch größeren Wärmeverlusten. Überdies verursachen Oberflächentemperaturen von mehr als 50 °C Staubverschwelungen an den heißen Oberflächen und Staubaufwirbelung durch zu starke Konvektion. Weitere Folgen sind Luftbewegungen, die sehr schnell als unbehaglich empfunden werden.
Ein nicht gerade unbedeutender Faktor für unser Empfinden für die Behaglichkeit sind die inneren Oberflächentemperaturen der Außenmauern, sprich der thermischen Hülle. Auch hier ist grundsätzlich der Unterschied zwischen reinen mineralischen und chemischen Materialien und Putzen zu beachten, aber auch die Geometrie. Beispielsweise wurde früher in Wohngebäuden der Putz in einer Außenwandecke als Hohlkehle ausgebildet, um somit die Wärmebrücke dieser geometrischen Schwachstelle durch Oberflächenoptimierung zu kompensieren. Gleiches wurde an der Kante von Wand zur Decke angewandt. Schimmelbefall war dadurch nahezu ausgeschlossen, da für den Tauwasserausfall die notwendige Temperaturdifferenz der Oberflächen und des Materials (in den kalten Ecken) fehlten.

Solare Wohnwärmeversorgung
Die stärkste und unerschöpflichste Wärmequelle überhaupt ist die Sonne. Sie hat sich zur Trinkwassererwärmung im Sommer schon mehrfach bewährt und ist die Grundlage einer nachhaltigen Wohnwärmeversorgung. Doch die aktive Solarenergienutzung kann mehr. Die solare Wohnraumtemperierung ist innerhalb der Heizperiode ganzjährig möglich. Allein der Deckungsanteil ist schwankend. Auf eine Nacherwärmung als Komfort- absicherung ist in der Regel nicht zu verzichten und sei es ein wassergeführter Kachel- ofen, der im optimalen Fall kaum mehr als drei Ster Holz im Jahr verschlingt. Grundlage ist ein minimaler Heizwärmebedarf. Entscheidend dafür, welchen Anteil die Solarenergie bei der Wohnraumtemperatur hat, ist der Grundbedarf an Wärme für die Raumluft. Je geringer dieser Grundbedarf ist, desto höher ist der Anteil, der durch die Sonne gedeckt werden kann. Wenn alles richtig geplant ist und die Baumaterialien stimmen, genügen schon Kollektortemperaturen von kaum mehr als 30 °C. Umso wichtiger ist in diesem Zusammenhang eine optimale Wärmedämmung sämtlicher Versorgungsleitungen im Haus und der Anlagenhydraulik bis hin zum hydraulischen Abgleich der gesamten Anlage. So steht einer optimalen Wohnwärmegestaltung nichts mehr im Wege.

Text:  Frank Hartmann für das greenhome Magazin 01/2010

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